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Die Leserin
Hinter ‚Die Leserin‘ versteckt sich Iris aus Österreich, die schon seit langer Zeit bloggt. Ein Hacker und manch technische Probleme haben sie dazu gezwungen ihren Blog vor Kurzem noch einmal neu aufzusetzen, weshalb man noch nicht so viele Beiträge auf ihrer Seite findet. Was man jedoch findet, sind immer Rezensionen mit Niveau, die äußerst gut zu lesen sind und mir bei der Entscheidungsfindung wirklich immer helfen. Ich würde sie als die Spezialistin für Krimis und Thriller bezeichnen und damit ist Iris natürlich ein fester Blog in meiner Leseliste und eine Spezialistin für gute Bücher. Aber auch eReading und Social Reading sind feste Bestandteile ihrer Seite. Als Liebhaberin der E-Books kennt sie sich natürlich auch mit verschiedenen E-Readern aus. Wer hier einen Rat braucht, ist bei ihr genau richtig. Seit langer Zeit einer meiner liebsten Blogs und deshalb auf jeden Fall ein Muss, dass er in dieser Reihe auftaucht. Selbstverständlich hatte ich auch bei Iris ein paar Fragen im Gepäck, die sie ausführlich beantwortet hat.
Seit wann bist du den Büchern verfallen? Und kannst du dich noch daran erinnern, welches Buch dich zur absoluten Leseratte gemacht hat?
Bei mir fing es komischerweise mit Hörkassetten (diese Dinger, die heute kaum jemand mehr kennt – du weißt schon, so ein schwarzes Plastikding mit zwei Löchern und dem aufgespulten Tonband, das man noch ohne Angst vor Urheberrechtsverletzungen mit aufgenommener Musik aus dem Radio überspielen konnte) an, obwohl ich heute mit Hörbüchern gar nichts mehr anfangen kann. Diese Kassetten begleiteten mich fast ohne Pause durch den Tag. Dann kam Pumuckl. Ich liebte diesen rothaarigen, hässlichen Kobold von Ellis Kaut, vermutlich weil er – im Gegensatz zu mir – frech sein durfte und die Strafen für seine Streiche beinhahe ungesühnt blieben. Tja, ich wäre wohl auch gerne ein Pumuckel gewesen, vielleicht nur lieber etwas hübscher, obwohl… er konnte sich ja unsichtbar machen. 🙂 Später waren es dann sogenannte Groschenromane, die mich total fesselten. Ich weiß nicht mehr, welcher davon mich letztlich zur Leseratte gemacht hat, aber es ging um ‚Chelseas Reich‘. Das war so ein Gruselroman, der mich in eine total andere Welt entführte und damit fing auch meine Lesesucht an, die bis heute anhält.
Wie kam es dazu, dass du unter die Buchblogger gegangen bist und man von dir im Internet lesen kann?
Langeweile! Eigentlich komme ich von der anderen Seite: Jahrelang betrieb ich eine Schreibinfoseite und leitete ein professionelles, sehr erfolgreiches Autorenforum (Mitglieder von damals veröffentlichen noch heute im u. a. Arena, Aufbau, Piper, Gmeiner und Bastei Lübbe Verlag). Aber so etwas neben einen herkömmlichen Brotberuf zu betreiben, ist anstrengend. Ich übergab das Forum an jemanden anderes und hatte endlich wieder Zeit, Bücher zu lesen. Nur: mir wurde es mit der Zeit zu langweilig, Bücher nur zu lesen. Ich wollte darüber sprechen, mich mit anderen austauschen und so landete ich schließlich bei den Buchbloggern. Das war die beste Entscheidung für meine Freizeitaktivität, denn das Bloggen, aber vor allem den Austausch mit anderen Buchbloggern, möchte ich nicht mehr missen.
Das Bloggen hat auch Schattenseiten. Wie gehst du mit fehlender Motivation und Lust um? Was treibt dich immer wieder an, an deiner Leidenschaft festzuhalten?
Motivation ist eigentlich immer vorhanden, nur fehlt manchmal einfach die Zeit. Zweimal im Jahr gönne ich mir jeweils ein bis zwei Wochen Interneturlaub, was aber nichts mit fehlender Motivation zu tun hat, sondern einfach mit der Überfrachtung an Digitalen im Alltag. Aber auch in dieser Zeit lese ich und rezensiere (länger als zwei Tage ohne Buch? – Puh, ich wäre unausstehlich, wenn ich so etwas probieren müsste!), allerdings auf das Papier beschränkt. Ich denke, eine solche Auszeit von der Technik sollte sich jeder nehmen, dann kommt erst gar keine fehlende Motivation auf. Bei mir funktioniert es zumindest. 😉
Wie und wo liest du am liebsten? Gibt es bestimmte Rituale, Vorlieben oder Lieblingsgetränke die unbedingt dabei sein müssen?
Um es interessanter zu machen, sollte ich jetzt wohl sagen: bei Gewitter und Sturm in einem wackeligen, undichten Baumhaus im Kerzenschein. Oder nachts mitten im Wald mit einer Taschenlampe bewaffnet. Oder in einer bewohnten Bärenhöhle. Aber das wäre so was von gelogen! Ich bin nämlich der total langweilige Leser, der sich am liebsten auf die Couch zurückzieht und das Buch genießt. Auch habe ich keinerlei Rituale, nur Ruhe ist wichtig für mich. Ausnahmen gibt es im Sommer: da verbinde ich lesen und wandern gerne. So in der freien Natur zu lesen, nachdem man sich körperlich angestrengt hat, ist nämlich absolut entspannend für mich. Aber zu 90% findet man mich beim Lesen – *gähn* – auf der Couch.
Was findest du so besonders am Lesen und an Büchern?
Ich versetze mich gerne (manchmal auch unfreiwillig) in andere Menschen und das ermöglichen Bücher noch viel besser. Da kann man mal so richtig böse und irre sein, ohne Schaden anzurichten. 😉 Oder auch mal ein Superheld, der totale Versager, ein Bewohner eines Ortes, den man in der Wirklichkeit niemals betreten würde, sein. Und das Tollste: Manchmal weiß man vorher gar nicht, was einen erwartet. Man macht die Tür auf (schlägt das Buch auf) und – tada – Überraschung! Mal ehrlich: Wer liebt nicht Überraschungen? Und das geht alles von der Couch aus! Ohne Folgen, egal was man als Ich-Erzähler alles anstellt. Außerdem liebe ich das geschriebene Wort. Wortspielereien zu lesen ist für mich wie träumen. Ein kleines Wunderwerk, eine wahre Kunst. Genuss und Entspannung pur!
Viele Buchblogger sind auch auf Youtube aktiv. Könntest du dir irgendwann einmal vorstellen, auch Videos zu drehen? Und wenn nein, warum nicht?
Nein. Ich sehe mir weder gerne Videos an, noch kann ich mir vorstellen, selbst welche zu drehen. Ich bin Leser durch und durch und liebe geschriebene Worte. Auch bei Rezensionen. Außerdem bin ich furchtbar kamerascheu und ‚sprechen‘ gehört leider auch nicht zu meinen Stärken. Ich schreibe lieber, ich lese lieber.
Wie leicht fällt es dir, deine Meinung zu einem Buch in einer Rezension zu verfassen. Schreibst du diese immer sofort oder manchmal sogar gar keine?
Das kommt auf das Buch an. Manche Rezensionen schreiben sich von alleine, weil die Bücher in irgendeiner Hinsicht herausragend waren – oder auch grottenschlecht. Schwieriger wird es bei Geschichten, die man nicht richtig verstanden hat oder die komplett im Durchschnitt liegen. Was soll man dazu sagen, wenn es weder hervorragend noch grottenschlecht war? Tja, für Rezensionen zu Durchschnittsbüchern brauche ich am längsten. Und leider, umso mehr man liest, umso öfter bewertet man durchschnittlich, weil man im Grunde alles schon einmal gelesen hat. Rezensionen muss ich zügig schreiben, denn die meisten gelesenen Bücher vergesse ich schnell wieder (wieder so ein Durchschnittsproblem). Ein Entwurf innerhalb von maximal vier Tagen muss da schon sein, sonst kann ich das Buch nicht mehr gewissenhaft rezensieren, weil schon längst die nächsten zwei, drei Bücher im Kopf herumspuken. Und wenn ich meine Frist versäume,… das sind dann die gelesenen, aber nicht rezensierten Bücher. Kommt vor! Leider viel zu oft.
Als Buchblogger ist man ja selbst im Internet sehr aktiv und liest auf vielen anderen Blogs mit. Welche Bücherblogs kannst du persönlich sehr empfehlen, weil du dort selbst nützliche Tipps bekommst und gerne liest?
Ich lese Massen an Bücherblogs und sollte mich da wirklich mal etwas einschränken. Aber natürlich lese ich nicht alle so gründlich wie die Posts in meinen Buchbloglieblingen. Ganz oben auf meiner Favoritenliste stehen crimenoir, MyCrimeTime, Die dunklen Felle, Büchermonster und wassollichlesen. Hat natürlich was mit den Genrevorlieben und Rezensionsstil zu tun, warum ich diese Blogs ausgiebig besuche. Ebenfalls oft zu finden bin ich bei: dir ;-), ThrillerKiller, Zeilenkino, Analog-Lesen, Krimi-welt, lesenist, reading-books, lost-pages, life4books, Wortgestalt, Sunsy, Papercuts, nbranx, quodibet. Das ist jetzt ein klitzekleiner Auszug der Blogs, die ich mittels Feedreader wirklich immer lese (obwohl ich etwas schummle, denn Liste der Lieblingsblogs ist noch viel länger).
Welches ist dein absolutes Lieblingsgenre und wer dein Lieblingsautor? Mit welchem Genre wirst du dagegen einfach nie wirklich warm werden?
Ha, ich bin ein Genrewanderer, der gerne von Ort zu Ort zieht und sich überraschen lässt. Am liebsten lese ich alles was spannend, dystopisch oder stilistisch außergewöhnlich ist. Nur Fantasy, nö, das ist nicht meins. Und Erotik geht auch gar nicht. Am meisten trifft man mich im Land des ‚crime and thrill‘ an, aber wie gesagt, ich mache gerne Abstecher in andere Genres und greife zwischendurch immer wieder zu Jugendbüchern. Immer auf Schatzsuche! Lieblingsautor habe ich keinen. Klar gibt es Autoren, von denen ich alles kaufe, ohne eine Leseprobe vorher zu lesen. Aber das sind einige. Und ich lese auch super gerne Debüts (sogar noch viel lieber als von bekannten Autoren). Da ist die Überraschung einfach größer. 😉 Von daher: Bei mir gibt es mittlerweile keine Autorenfavoritenliste mehr.
Wenn man dir jetzt 50 Euro in die Hand drückt und dich in deine Lieblingsbuchhandlung schicken würde, mit welchen Büchern würdest du wahrscheinlich wieder herauskommen?
Einsame Tiere von Bruce Holbert, Im Licht des Bösen von Jens Østergaard, Galveston von Nic Pizzolatto und MUC von Anna Mocikat. Hab wahrscheinlich schon das Budget gesprengt, oder? (Nichts leichter als das!)
Wer dich und deinen Blog kennt, der weiß, dass du sehr gerne E-Books liest. Wenn du die Wahl zwischen E-Book und gedrucktem Buch hast, welches gewinnt? Und warum entscheidest du so?
EBook! Das Warum ist ganz einfach: Ich hab mich mittlerweile so sehr daran gewöhnt, dass ich das Lesen auf Papier einfach zu umständlich finde. Ich liege gerne seitlich auf der Couch, da ist der Reader klar im Vorteil: er liegt leicht in einer Hand. Notizen zu machen fällt beim eBook-lesen auch weg, ich markiere mir die Stellen, von denen ich glaube, ich könnte sie später beim Rezensieren gebrauchen. Zettelwirtschaft entfällt also. Und auch wenn ich mit der Preisgestaltung der meisten eBooks alles andere als glücklich bin – sie sind günstiger, man kann sparen, dadurch mehr kaufen, dadurch noch mehr lesen -, denn eBooks sind leider noch immer eindeutig zu teuer, zumal ja immer wieder betont wird, dass der Leser nur eine Lizenz erwirbt. Ein Leben ohne eBook könnte ich mir nicht mehr vorstellen. Nicht zu vergessen das Eldorado für Leser: Skoobe. Ach ja: Niemand kriegt mit, wie buchsüchtig man wirklich ist. 😉
Ende des Jahres hattest du mit einem Hacker zu kämpfen und nahezu dein ganzer Blog verschwand im Datennirwana. Woher nimmst du die Kraft, immer wieder neu anzufangen?
Oh ja, das war ein Schock. Es war ja nicht nur der Blog betroffen, sondern auch private Dateien wie Fotoarchive. Das tut weh, denn es fühlt sich an, als hätte jemand einen Teil deines Lebens gestohlen. Genau betrachtet, ist genau das auch passiert. Die Kraft zum Neuanfang bekam ich durch andere Buchblogger und einige meiner Blogleser. Es war unglaublich, welche Tweets, Privatnachrichten und eMails ich dazu bekam. Das war Motivation pur und ich werde diese Unterstützung mein lebenlang nicht vergessen. Ich bin noch immer gerührt, wenn ich an die motivierenden Zeilen denke. Unglaublich!
Was wünscht du dir für die Zukunft der Buchbranche und auch für deinen eigenen Blog?
In der Buchbranche hat sich einiges getan. Es ist unglaublich spannend zu sehen, wie der Wandel voranschreitet. Ganz vorne steht natürlich das digitale Lesen. Ich appelliere ja immer an die Vernunft der Verlage, endlich den harten Kopierschutz bei eBooks zu beseitigen. Er hält Buchpiraten ja nicht von der Weitergabe ab, sondern sorgt nur bei ehrlichen Käufern für Unmut. Auch die Preisgestaltung ist hier noch nicht optimal: Wer nur Lizenzen verkauft, kann nicht den beinahe gleichen Preis wie für gedruckte Ausgaben verlangen. Das ist unfair und ich denke, Verlage tun sich da rechnerisch auch keinen Gefallen. Noch ein Punkt der mir am Herzen liegt, ist die Qualität der Bücher. 2014 war es etwas besser, aber manchmal erschreckt es mich schon, was Verlage da rauspulvern. Ich denke, hier sollte das Ziel „weniger ist mehr, aber dann richtig gut“ zählen. Denn Qualität ist es, was Verlage (noch) von Selfpublishern unterscheidet. Umso mehr muss man diesen Vorteil nutzen, wenn Verlage eine Zukunft haben wollen. Nur leider werden manche Autoren mit bekannten Namen dazu veranlasst, ein Buch nach dem anderen zu schreiben – und die werden mit jedem Buch immer schlechter. Das ist schade, das ist Unfug! Also mehr Qualität bitte! Aber man muss den Verlagen auch ein großes Lob aussprechen! Denn Verlag und Leser rücken durch SocialMediaKanäle immer näher zusammen und ich muss wirklich sagen, die Verlage machen die direkte Kommunikation mit ihren Lesern sehr gut. Die meisten zumindest, der Rest wird es noch lernen (müssen). Für die Zukunft wünsche ich mir einen fairen Preis für eBooks ohne harten Kopierschutz, sehr gut durchlektorierte Bücher, die sich von der Masse abheben! Für den Blog wünsche ich mir, dass mir meine Leser treu bleiben und dass er künftig ohne technische Krankenheiten leben darf. Und ich weiterhin so viel Spaß beim Bloggen habe wie bisher.
Was wolltest du deinen Lesern schon immer einmal sagen? Hier hast du die Möglichkeit ein paar Worte loszuwerden.
Danke! Danke, dass ihr euch die Zeit nehmt, meinen Blog zu besuchen. Danke, dass ihr sogar die Texte darauf lest. Danke, dass ihr euch die Mühe macht, Kommentare und Tipps zu hinterlassen. Danke, dass ihr mich – wie zuletzt beim Hackerangriff – derart motiviert und unterstützt habt! Das war unglaublich! Und danke, dass ich viele von euch in eigenen Blogs selbst besuchen und lesen kann. Danke, danke, danke (-das bitte in Endlosschleife setzen). Danke!
Iris ist (wie ich auch!) großer Fan von Twitter. Dort unbedingt mit ihr vernetzen. Davon abgesehen findet ihr sie aber auch noch auf Facebook und Google+.
4 Kommentare
Hallöchen liebste Petzi,
Ja, unsere Iris ist ein wahrer Juwel. Ich liebe ihren Blog und ich freue mich immer wieder wenn sie eine Rezension online bringt. Ich lese zu gerne was sie zu Thrillern zu sagen hat, weil man sich drauf verlassen kann: Wenn Iris sagt, dass ein Buch spannend ist, dann isr es das auch!
Liebst, Lotta
Hallo Petzi,
was für ein tolles Interview 🙂 die liebe Iris ist ein wahres Buchblogjuwel. Ich bin von ihrem Rezensionstil total beeindruckt und bin dadurch auch mehr in die Thriller-lese-Reihe gerutscht.
Liebe Grüße
Corinna
Dieses Interview hast du, liebe Petzi, wieder richtig schön verfasst! Und auch Iris Antworten sind toll… Ich kannte ihren Blog noch gar nicht und bin erst jetzt auf ihn aufmerksam geworden – toll! Danke für die schöne und hilfreiche Blogempfehlung!
Liebe Grüße und ich wünsche auch noch ein frohes Neues an Petzi und Iris, Theresa
Liebste Petzi,
vielen Dank für das Interview, das mir wirklich Spaß gemacht hat. Ich musste tatsächlich lange über die erste Frage nachdenken und schwelgte dann in wunderschönen Erinnerungen. Sogar dieses Heftchen mit Chelseas Reich (oder wie immer das hieß), hach, das hätte ich gerne.
Liebste Lotta, liebste Corinna! Über eure Kommentare hier – ich bin total gerührt! Aber ich bin ja auch gerne bei euch, weil ihr euch von der Masse abhebt und ehrlich eure Meinung zu den Büchern äußert. Danke euch! Wir lesen uns!
Liebe Theresa, ich hoffe, du verirrst dich mal zu mir ;-). Dir auch ein schönes neues, lesereiches Jahr!
Liebste Grüße, Iris