Es gibt ja die Momente, in denen Geschichten nicht so sehr begeistern können. Man liest Bücher an, man legt sie wieder weg. Ganz nette Geschichten, aber irgendwie fehlt auch ein bisschen der Reiz. Manchmal liegt es nicht mal am Buch, sondern häufig an einem selbst. Und dann kommen glücklicherweise auch immer die Momente, in denen man ein Buch in die Hand nimmt und es sofort matcht.
Das sind die Bücher, die man nicht mehr zur Seite legen möchte, die man den ganzen Tag (und vielleicht auch nachts) inhaliert und eigentlich hofft, dass sie niemals enden, denn wie soll man danach je wieder eine Geschichte finden, die das selbe mit einem anstellt?
Ein Roman über ein epochales Ereignis
Als ich „An den Ufern von Stellata“ von Daniela Raimondi las, ist genau das passiert, was ich oben beschreibe. Ich habe dieses Buch nämlich regelrecht inhaliert, die Handlung atemlos verfolgt und diese epochale Geschichte der italienischen Autorin wirklich gefeiert.
“Die Fremde aus dem Wohnwagen war schuld daran, dass wir zu einer Familie von Bastarden wurden.” – der erste Satz
Und weil ich das Buch wirklich so gut fand, möchte ich hier auch mit dir teilen, weshalb das so war und warum du es unbedingt auch lesen solltest. Es ist auf jeden Fall ein Highlight meines Lesejahres.
Um 1800 beginnt die Erzählung in diesem Buch und beschreibt die Geschichte der Familie Casadio, die 2013 letztlich endet und dich ganz sicher auch ein kleines bisschen sprachlos zurücklässt. Raimondi erzeugt mit ihrem wunderbaren Schreibstil und ihren authentischen und charakterstarken Protagonisten ein ganz tolles Setting. Sie nimmt uns mit durch unterschiedliche Jahrzehnte, große Epochen, Kriege und Leid. Sie berührt mit ihren Worten und ruft die ganze Bandbreite an Emotionen ab. Sie malt Bilder im Kopf, die mich nicht mehr losgelassen haben und begeisterte mich von Anfang bis Ende.
Alles beginnt mit Giacomo Casadio, der sich Anfang des 19. Jahrhunderts in die zingara Viollca verliebt und damit die Zukunft der Familie verändert. Das Schicksal der kommenden sieben Generationen ist eng verknüpft mit den Wendepunkten der europäischen Geschichte. Alle verbindet das Ringen um große Träume oder auch der Wille, die Welt zu verändern. Sie kämpfen um die Liebe oder um Gerechtigkeit, sie trauern und leiden und zeigen Stärke und Mut.
Die Geschichte lebt aber auch ein Stück weit von Magie. Aber keine Sorge davor. Ich selbst bin kein großer Fan von übernatürlichen Ereignissen in einer Geschichte, hier passt es aber perfekt. Da werden Tarotkarten gelegt, um die Zukunft vorauszusagen oder jemand besitzt die Gabe mit Toten zu sprechen. Getötete Schlangen sind ein schlechtes Omen und sagen schwere Zeiten voraus und überhaupt weiß jeder um die Weissagungen der Ahnen. Zingara Viollca war es, die das Übernatürliche in die Familie gebracht hat. Und auch in den zukünftigen Generationen wird es immer wieder Personen geben, die mehr spüren als die anderen, die weniger Glück haben und mehr Leid erleben. Manche, die Dinge voraussehen oder die Karten um Rat fragen.
Es ist erstaunlich, wie die einzelnen Handlungsstränge sich ineinanderfügen und wie es die Autorin schafft die unterschiedlichen Charaktere so wunderbar zu beschreiben, dass man sie nicht vergisst. Obwohl es irgendwann viele Namen gibt, die man sich merken muss. Doch all die Figuren haben kleine Besonderheiten, die sie ausmachen, die Geschichte voranbringen. Stärken und Schwächen, die man mitunter an sich selbst findet. Man beginnt unweigerlich damit sich mit seiner eigenen Familiengeschichte zu befassen und zu überlegen, wie es hier wohl sieben Generationen früher war. Welche Menschen gelebt haben, was sie taten und wie man an den Punkt kam, an dem man jetzt ist.
Alle Entscheidungen und Handlungen haben Konsequenzen und verändern die Familiengeschichte damit unweigerlich. Diese Familie über die Jahrzehnte zu begleiten war ein großes Geschenk, denn, wenn man dieses Buch liest, dann wird man keine Zeit mehr finden für andere Dinge. Wenn man dieses Buch liest, dann möchte man nur in dieser Geschichte versinken. In eine Geschichte, in der Liebe und Leid oft so nah beieinanderliegen und die mich von der ersten bis zur letzten Seite fesselte, wie es lange zuvor schon kein Buch mehr getan hat.
Fazit
„An den Ufern von Stellata“ ist eine grandiose epochale Erzählung, die ich in zwei Tagen regelrecht verschlungen und sehr geliebt habe. Eine starke Geschichte über mehrere Generationen hinweg, mit wunderbaren Figuren, großer Kraft, einer Bandbreite aller Emotionen und mit viel Liebe und Leid. Ganz sicher eines meiner Highlights in diesem Jahr und eine unbedingte Empfehlung.
An den Ufern von Stellata von Daniela Raimondi – aus dem Italienischen übersetzt von Judith Schwaab – Ullstein Verlag – 512 Seiten – ISBN 9783550201769 – Hardcover – 23,99 Euro – bei Amazon kaufen* – bei genialokal kaufen
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1 Kommentar
Wow, ich finde deine Rezension zum Buch sehr inspirierend und habe das Buch nun auch des Öfteren bei Bookstagram entdeckt. Ich werde es mit in meinen Sommerurlaub nehmen.
Zeilentänzerin