Früher habe ich unglaublich gerne Justizthriller gelesen und mit „Verweigerung“ von Graham Moore wollte ich dieser Liebe endlich mal wieder nachkommen. Ob das gelungen ist?
Von der Geschworenen zur Gejagten
Jessica Silver, die Tochter eines Immobilienmoguls, verschwindet spurlos. Ihre Leiche wird jedoch nie gefunden. Ihr Lehrer, der Afroamerikaner Bobby Nock, wird dennoch des Mordes angeklagt. Eine geheime Affäre mit der minderjährigen Schülerin ist die einzige Tatsache die wirklich bewiesen werden kann. Eine Jury von Geschworenen kommt anfangs zu keinem eindeutigen Ergebnis. Maya Seale ist die Einzige, die auf unschuldig plädiert und die anderen Mitglieder nach und nach überzeugen kann. 10 Jahre nach dem Prozess wird der Fall nun neu aufgerollt. Rick Leonard, einer der damaligen Geschworenen, will Beweise für die Schuld von Bobby Nock gefunden haben. Doch bevor er diese Beweise veröffentlichen kann, wird er tot in Mayas Hotelzimmer aufgefunden. Sie gerät selbst unter Verdacht und stellt eigene Nachforschungen an. Es verhärtet sich der Verdacht, dass der Mörder unter den Geschworenen zu finden ist.
Graham Moores Thriller zielt direkt auf Probleme ab, die in den USA allgegenwärtig sind. Rassismus, Gewalt und Geheimnisse der Reichen und Schönen. Obwohl Beweise für die Schuld von Bobby Nock fehlen, kommt es dennoch zu einem Prozess. Es scheint so, als würde gar nicht mehr gründlich ermittelt werden, wenn erstmal jemand gefunden ist, der in das Täterprofil passen könnte. Die Tatsache, dass Bobby Afroamerikaner ist, qualifiziert in automatisch dazu. Eine schreckliche Tatsache, die so sicherlich auch im realen Leben immer wieder vorkommt. Dieses Buch zeigt eindeutig, wie verrückt das amerikanische Justizsystem wirklich ist. Wie viel Gewicht Jurymitglieder haben und welche abstrusen Wege Verteidiger einschlagen, um für ihre Beschuldigten einen Freispruch zu erlangen.
Ich habe mich sehr auf dieses Buch gefreut, da es mit Worten wie „Der packendste Thriller, den ich in den letzten Jahren gelesen habe“ beworben wurde. Dem kann ich so leider nicht ganz zustimmen. Die Geschichte beginnt äußerst spannend und wird in unterschiedlichen Zeitebenen erzählt. Wir wechseln zwischen dem damaligen Prozess und der Gegenwart. Die Leser*innen bekommen ein Bild von den unterschiedlichen Charakteren, dem Fall und dem Tathergang. Jessica – mittlerweile selbst Anwältin – macht sich auf die Suche nach Beweisen, um sich selbst verteidigen zu können. Da Ricks Leiche in ihrem Hotelzimmer gefunden wurde, steht sie nämlich selbst unter Verdacht.
Die Leser*innen bekommen immer mehr Einblicke in den Fall und mögliche Motive. Der Kreis der Verdächtigen wird daher immer größer und es stellt sich zweifelsohne die Frage wer Grund hatte Ricks Enthüllungen zu verhindern?
„Verweigerung“ ist eine authentische Darstellung eines amerikanischen Gerichtsprozesses. Genauso könnte es jederzeit passieren. Dieses Buch macht deutlich, welche Mächte hier ins Spiel kommen, was willkürlich eingesetzte Laienrichter erreichen können und wie die Zukunft Angeklagter davon abhängt, welche Entscheidungen andere Menschen treffen. Dennoch hat mich das Buch nicht ganz zufrieden zurückgelassen. Nach einem starken Start schwächelte die Handlung immer mehr und hat mich mit dem Ende leider nicht ganz überzeugt. Für mich ein Buch, das ich durchaus gut fand, aber nicht zwangsläufig empfehlen würde.
Fazit
Der Thriller startet stark, konnte mit seinem Ende aber leider nicht ganz überzeugen. Man kann das Buch gut lesen, ich würde es aber nicht ausnahmslos empfehlen. Wer sich für Justizthriller, insbesondere im amerikanischen Justizsystem, interessiert, der kann aber auf jeden Fall mal einen Blick ins Buch werfen.
Verweigerung von Graham Moore – aus dem Amerikanischen von André Mumot – Eichborn Verlag – 400 Seiten – ISBN 978-3-8479-0053-5 – Hardcover – 22,- Euro