„Hört beim Kochen und Rezepte ausprobieren auf euer Herz und euer Gefühl.“ – Im Interview mit Kochbuchautorin Bernadette Wörndl

von Petzi

Mit anderen Menschen ins Gespräch zu kommen ist immer ganz wunderbar, wenn es sich dabei um eine Kochbuchautorin handelt, dann erst recht. Das Wald-Kochbuch ist aber nicht das erste Kochbuch von Bernadette Wörndl in meinem Regal und weil ich auch die anderen schon so gelungen finde, hatte ich natürlich einige Fragen, die mich brennend interessierten. Herausgekommen ist ein ganz tolles Gespräch über die Liebe zum Kochen, natürliche Zutaten und den Wald.

Liebe Bernadette,
vielen Dank, dass du Zeit gefunden hast, meine Fragen zu beantworten. Korrigiere mich, falls ich falsch liege, aber mit „Wald“ ist nun dein bereits viertes Kochbuch erschienen. Wie kam es dazu, dass du Kochbücher veröffentlichst?
So banal das klingt, aber es hat einfach das Eine zum Anderen geführt und dann war es da, das erste Buch. Ich glaube auch, wenn man ganz fest an seinen Träumen festhält, werden sie irgendwann Wirklichkeit.
Aber hier von ganz vorne:

Ich hab an der Wiener Kunstschule Visual Merchandising studiert und dabei immer das Thema Food Design in meinen Projekten einfließen lassen. Aus weggeworfenen Obst und Gemüseschalen – damals vom Naschmarkt am Boden aufgesammelt hab ich ein Geschirr entwickelt das ich essbares aus essbarem taufte. Lautet das Thema „Venus von Willendorf“ – leitet ich davon die Venusmuschel ab und machte ein Venusmuschel Kochbuch. Dies war quasi mein aller erstes Kochbuch. Selbst von mir Fotografiert und Gelayoutet in CD Format inkl. einer solchen auf der die Küchensounds zu hören waren, die beim entwickeln der Rezepte entstanden waren. Nach meinem Diplom machte ich dann ein Auslandjahr als Aupair Mädchen – Primär um die Sprache wirklich gut zu beherrschen und arbeitet nebenbei auch an einer Kochschule. Dort wurde der Wunsch etwas mit Essen zu machen, vielleicht sogar zu kochen immer greifbarer. Als ich dann den damals eröffneten Kochbuchladen Babette´s spice and books for Cooks entdeckte wollte ich unbedingt dort kochen. Es wurde dort zu Mittag gekocht und die Gäste konnten inmitten von Kochbüchern ihr Essen genießen. Es gab nicht wirklich bedarf für mich – ich ließ aber nicht locker und schaute immer wieder im Geschäft vorbei. Bis ich dann doch einmal aushelfen durfte. Dann wurden ein paar Stunden daraus – irgendwann immer mehr, bis ich als Mittagsköchin jeden Tag Gerichte kochen konnte auf die ich gerade Lust hatte.
So hab ich mich 7 Jahre durch die Kochbücher gekocht und mir das Kochen so beigebracht. Mir viel von anderen Köchen und meiner damaligen Chefin Nathalie Pernstich abgeschaut und die Möglichkeit bekommen mein 1. Kochbuch zu schreiben. „Jetzt können die Gäste kommen“ – erschienen im Christian Verlag – ein Buch in dem ich zeige wie ein Menü gut, vorbereitet werden kann, damit man, wenn die Gäste da sind auch Zeit zum Reden und Feiern hat.
Dabei hat mir das schreiben der Rezepte sehr viel Spaß gemacht. Aber noch mehr das Anrichten der Speisen.
Und so hab ich mich entschlossen mich selbständig zu machen um nur noch das zu machen. Erste Aufträge bei Magazinen folgten und wurden immer mehr.
Nach einem Internship bei Alice Waters im »Chez Panisse«- (Slow- Food-Vizepräsidentin Alice Waters) begann ich den Weg wieder zurück zu meinen Wurzeln. Dort hab ich wieder das erlernt wie ich als Kind bei meiner Oma erzogen wurde – jedes Lebensmittel wertzuschätzen und alles zu verwenden.

Inspiriert wurde ich von der legendären Apfel-Tarte für die, der ganze Apfel verwendet wird. Schalen und Apfelputzen werden zu einer Glaze ausgekocht, mit der die Tarte zum Schluss bepinselt wird.
Gemüseabfälle wurden wieder zu Bobs Farm gefahren um dort zu wieder zu nahrhafter Erde zu werden. Ein wunderschönes Kreislaufsystem.
Diese Art zu kochen und zu arbeiten prägt mich immer noch sehr! Und nährt mich immer wieder auf´s neue.
Deshalb folgte schon bald „Von der Schale bis zum Kern“ erschienen im Brandstätter Verlag, in dem darum geht, Obst und Gemüse Ganzheitlich zu verwenden. Alles zu verwerten, nichts zu verschwenden.
Danach kam „Obst“ ebenfalls erschienen im Brandstätter Verlag bei dem Obst als salzige und süße Komponente in den Rezepten eingesetzt wird.

Woher hast du deine Leidenschaft für das Kochen und das Zubereiten von guten Produkten?
Definitiv von meiner Oma. Sie hat eine Pension geführt und immer alle bekocht. Vor allem das Backen lag ihr sehr am Herzen. Und ihre Bauernkrapfen waren überall bekannt. Auch sie hat temporär mal hier und da gekocht. Das war wohl damals schon modern, hatte aber halt noch keinen Namen. Da war ich überall mit dabei und durfte schon früh mithelfen. Das hat mich wohl am allermeisten geprägt.
In der Kunstschule bekochte ich dann immer alle, eröffnete ein temporäres Schulbuffet. Arbeitete im Catering und buck Kuchen für alle möglichen Anlässe. So finanzierte ich mir mein Studium und versuchte schon früh meine Kunst ins Essen umzulegen. Es musste jedoch erst Zeit vergehen, um dies wirklich zu begreifen.

Warum speziell ein Kochbuch zum Wald?
Um ehrlich zu sein, hatte ich das Glück, dass der der Verlag mit dem Thema an mich herangetreten ist. Ich war aber sofort Feuer und Flamme, denn im Wald und am Wasser bin ich am liebsten. Dort finde ich Ruhe und Inspiration. Dort kann ich mich sammeln und nachdenken. Dort verbringe ich die liebste Zeit mit meinen Kindern.

Der schönste Nebeneffekt ist das gemeinsame Essen danach, bei dem die besondere Ernte gefeiert und zelebriert wird. Der Augenblick, in dem man merkt, dass ein Teller mit selbst gepflücktem oder gesammeltem Gut am allerbesten schmeckt. Das bedeutet für mich Glück in seiner reinsten Form.

Was verbindest du selbst mit dem Wald? Was gibt er dir?
Einige meiner schönsten Kindheitserinnerungen sind die, mit meinen Großeltern im Wald zu sein, um Holz für den Kamin zu sammeln und dabei zufällig ein paar Parasole fürs Mittagessen zu finden. Oder im Weingarten meines Großvaters einen Mittagsschlafzu halten und auf der Alm meines Onkels das Wochenende mit Beerenpflücken zu verbringen. Um mir diese Glücksmomente zurückzuholen, muss ich nur kurz im Wald spazieren gehen. Einfach nur dort zu sein vereint all diese Erinnerungen.
Und dann kommen die überraschenden, unerwarteten Augenblicke, die mich in etwas Neues eintauchen lassen. Etwas, das mit dem Alltag nichts zu tun hat, sondern mich entschleunigt und ablenkt.
Ich finde Pilze und Beeren, entdecke Wildkräuter, Nüsse oder andere Baumfrüchte. Beim Sammeln kann ich abschalten und ganz bei mir selbst sein, ich komme zur Ruhe und der Blick liegt auf schönen Momenten im Hier und Jetzt.
Komme ich wieder zu mir, merke ich erst, wie gut sich diese Ablenkung und Abwechslung anfühlt. Sorgen, Stress und Probleme relativieren sich. Für einen Augenblick vergesse ich Zeit und Alltag. Mein Kopf bekommt ganz nebenbei Platz für neue Rezeptideen und Kombinationen.
Das gibt mir Kraft und macht meine Seele, aber auch meine Küche glücklich.
Der schönste Nebeneffekt ist das gemeinsame Essen danach, bei dem die besondere Ernte gefeiert und zelebriert wird. Der Augenblick, in dem man merkt, dass ein Teller mit selbst gepflücktem oder gesammeltem Gut am allerbesten schmeckt. Das bedeutet für mich Glück in seiner reinsten Form.

Gibt es im Buch ein absolutes Lieblingsrezept von dir oder gibt es vielleicht sogar ein Rezept, mit dem du etwas ganz Besonderes verbindest?
Der Saibling auf Buchenscheiter am Lagerfeuer. Dort war die Stimmung eine so schöne. Das Gericht punktet durch seine Einfachheit und schmeckt so unglaublich gut!
Und die Topfenknödel mit Holunderkompott sind für mich einfach immer Kindheit PUR!

Wie sieht ein perfekter Tag für dich aus?
In Ruhe aufstehen, meinen Morgenkaffee genießen. Durch den Garten streifen. Eine runde um meinen liebsten Waldsee laufen und dann in den See springen und schwimmen. Einen Markt besuchen. Spät frühstücken. Den Nachmittag mit meiner Familie in der Natur verbringen. Ein Kuchen-Picknick machen. Mit Freunden im Garten grillen und einen schönen gemütlichen Abend bei einem Glas Wein genießen.

Um dieses Buch geht es

Wälder tun einfach gut: Hier kann der Mensch entschleunigen, sich erden und inspirieren lassen. Wie vielfältig der Wald auch als Speisekammer ist, zeigen die besonderen Rezepte von Bernadette Wörndl. Ob Waldbeeren, Fichtenwipfel, Holunderblüten, Pilze oder Wild – zu jeder Jahreszeit bietet die Natur ein neues Aromenspiel. So lässt sich der Wald mit allen Sinnen genießen! Meine Besprechung zum Buch findet ihr hier.

Wo und wie kreierst du deine Rezepte?
Das kann immer und überall passieren. Wenn ich mit jemandem rede und ich so einen Input bekomme. Wenn ich den Wald spaziere. Beim Laufen um den See oder wenn ich mit meinem 4 jährigen Sohn koche.

Und hast du vielleicht bereits Ideen für ein neues Kochbuch im Kopf?
Die hab ich immer! Momentan befasse ich mich Rezepten die insgesamt viel Zeit brauchen um den vollen Geschmack entfalten zu können. In Wirklichkeit aber nur wenig Zeit von einem selbst in Anspruch nehmen. Meine Oma sagte immer: „In der Ruhe liegt die Kraft“ Und die Ruhe steht hier für die Zutaten und die Rezepte, die durch die Kraft noch besser und schmecken.

Hört beim Kochen und Rezepte ausprobieren auf euer Herz und euer Gefühl. Ändert die Zutaten nach persönlichen Vorlieben, Saison und Witterung, denn so wird jedes Gericht zu einem ganz persönlichen Festmahl.

Was möchtest du meinen Lesern noch mit auf den Weg geben?
Hört beim Kochen und Rezepte ausprobieren auf euer Herz und euer Gefühl. Ändert die Zutaten nach persönlichen Vorlieben, Saison und Witterung, denn so wird jedes Gericht zu einem ganz persönlichen Festmahl. Dabei gilt immer, bedacht und liebevoll mit den Lebensmitteln umzugehen, alles zu verwenden und dabei nichts zu verschwenden. Am liebsten würde ich meine Rezepte nur mit Angaben wie „eine Handvoll hiervon“, „eine Prise davon“, „einen Schuss von diesem“ und „einen Hauch von jenem“ beschreiben. Ich will jedoch dazu aufrufen, sich mehr in der Küche zuzutrauen, auszuprobieren, Rezepte an sich selbst anzupassen, je nach Lust und Laune, nach Saison und Region umzuwandeln, neu zu interpretieren, möglicherweise zu scheitern und daraus zu lernen! So versammeln sich jedes Mal neue Geschmäcker im Mund und von Langeweile kann überhaupt keine Rede sein. Ein Hoch auf die Schönheit der Vielfältigkeit!

Ich danke dir sehr für deine Zeit und das Interview.

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