Ich muss ja zugeben, dass ich zuerst kurze Bedenken hatte dieses Buch vorzustellen. Aber genauso wie ich „Darm mit Charme“ oder „Haut nah“ gelesen habe, habe ich mich nun also auch über die Vagina informiert. Aus den Zeiten sind wir ja schon alle raus, in denen wir das noch irgendwie peinlich gefunden hätten. Vielmehr ist es eben ein weibliches Geschlechtsorgan, zu dem man auch eine Menge medizinisches Hintergrundwissen sammeln kann. Medizin ist mein Bereich (und mein Beruf) und deshalb habe ich dieses Buch natürlich sehr sorgfältig und aufmerksam gelesen.
Eigentlich bin ich niemand, der immer allzu sehr auf ein Cover eingeht. Hier muss ich aber beiläufig erwähnen, dass andere Länder ein deutliches schöneres Cover für dieses Buch gewählt haben. Insgesamt fühle ich mich sehr an „Darm mit Charme“ erinnert, und obwohl ich den Inhalt wunderbar fand, mochte ich auch dieses Cover schon nicht.
Alles über den weiblichen Körper
Brauchen wir dieses Buch wirklich? Eine Frage, die mir vielleicht zurecht gestellt wurde. Dennoch kann man das nur für sich selbst beantworten. Obwohl wir heute in einer sehr aufgeklärten Gesellschaft leben und über das Internet jederzeit schnell an Informationen gelangen, sind viele im Bereich des weiblichen Zyklus, Sexualität und Verhütung nicht wirklich up to date. Es existieren immer noch zahlreiche Märchen und Legenden, viele junge Mädchen trauen sich nicht wirklich nachzufragen und der Besuch beim Gynäkologen wird auch immer wieder verschoben. Da kann es nicht schaden, dass wir dieses „brisante“ Thema jetzt in Schriftform serviert bekommen.
Die beiden Autorinnen Nina Brochmann und Ellen Støkken Dahl starteten in ihrem Heimatland Norwegen einen sehr erfolgreichen Blog, in dem sie über Sexualität und Sex schrieben. Beide studieren zudem Medizin und engagieren sich in Beratungsstellen für sexuelle Gesundheit. Für dieses Buch nahmen sie die Hilfe von renommierten Experten in Anspruch und zitieren aus vielen Büchern und anderen Quellen. Fast fünfzig Seiten nehmen die Anmerkungen am Ende des Buches ein.
„Wir wünschen uns, dass Frauen eigenständige Entscheidungen treffen können und dabei alle Fakten auf dem Tisch liegen, dass ihre Entscheidungen auf medizinischen Kenntnissen beruhen und nicht auf Klatsch und Tratsch, Missverständnissen und Angst.“ (S.11)
Über medizinische Themen fundiert und unterhaltsam Schreiben ist eine Kunst, die nicht alle Autoren beherrschen. In diesem Fall ist es wieder einmal gelungen. Man hat während des Lesens nicht das Gefühl langweilige komplexe medizinische Sachverhältnisse zu lesen, sondern fühlt sich sehr gut unterhalten und vor allem auch informiert. Das ist ein großer Pluspunkt. Die Autorinnen gehen auf den Genitalbereich an sich ein, erklären, was eigentlich eine Klitoris ist und klären auch über den Mythos Jungfernhäutchen auf.
Hormonelle Schwankungen, Zyklus, Periode und PMS sind ebenso Thema (hier lohnt vielleicht auch ein Blick in das tolle Buch „Ebbe & Blut„), wie Sex im Allgemeinen und das erste Mal im Besonderen. Auch über sexuell übertragbare Krankheiten, andere Erkrankungen, Myome, Karzinome, Fehlgeburten und Schwangerschaft klärt das Buch auf.
Empfängnisverhütung – alles nur mit Hormonen?
Ein Extrakapitel nimmt der Bereich Verhütung ein, in dem alle Verhütungsmethoden vorgestellt und erklärt werden. Was mir weniger gefällt: Hormonelle Verhütung wird sehr propagiert und die Vorzüge und Besonderheiten mehrmals deutlich erwähnt. Der überwiegende Teil der hormonfreien Verhütung kommt relativ schlecht weg. Es wird beispielsweise deutlich erwähnt, dass sich die Temperaturmethode nicht für Frauen eignet, die keinen Kinderwunsch haben. Auf die symptothermale Methode wird gar nicht näher eingegangen. Hier muss ich klar erwähnen, dass alle Verhütungsmethoden Vor-und Nachteile haben. Entscheidet sich jemand hormonell zu verhüten, dann ist dies für mich vollkommen in Ordnung. Ein Buch, das über unterschiedliche Möglichkeiten informieren sollte, sollte aber nicht so auf eine einzige Methode fixiert sein. Dies ist für mich die typische Denkweise der meisten Gynäkologen, wobei ich hier keinem Gynäkologen zu nahe treten möchte.
Wenn man sich daran weniger stört oder man auch darüber hinwegsehen kann, dann hält man aber ein sehr unterhaltsames und gut informierendes Buch in Händen. Die Thematik ist wichtig und mit großer Sicherheit wissen die meisten Frauen selbst nicht so richtig darüber Bescheid, was im Körper einer Frau so alles abläuft, was manche Symptome bedeuten können oder wie das mit dem Orgasmus so abläuft.
Fazit
Kein Tabuthema, sondern ein weiteres wichtiges Buch im Kreise der medizinischen Sachbücher, das gut und unterhaltsam geschrieben ist und trockene Themen auf eine spannende Art und Weise näher bringt. Wer sich mit dem weiblichen Körper näher befassen möchte, der sollte dieses Buch lesen. Auch für Männer interessant!
Viva la Vagina! – Alles über das weibliche Geschlecht von Nina Brochmann und Ellen Støkken Dahl – aus dem norwegischen von Nora Pröfrock und Ina Kronenberger – Fischer Verlag – 400 Seiten – ISBN 978-3-10-397338-9 – Paperback – 16,99 Euro
3 Kommentare
Hey!
Das klingt echt cool, danke für den Tipp 🙂
Der Titel ist echt witzig. Die Cover der anderen Ausgaben schaue ich mir mal an.
Liebe Grüße,
Nicci
Hallöchen,
da wurde ich doch direkt wieder angefixt mit einem Ratgeber zum weiblichen Körper. Das Buch klingt wirklich interessant und ich denke auch, dass man in dieser Hinsicht nie auslernen kann.
Du hast in der Rezension erwähnt, dass du die Darstellung der verschiedenen Verhütungsmethoden nicht so ideal findest. Kannst du da ein besseres Buch oder eine bessere Seite empfehlen?
Vielen Dank für diesen Buchtipp!
Liebste Grüße, Kate
[…] 2. Die Liebe zu den Büchern – Rezension zu „Viva la Vagina!“ […]