6,1K
1944. Kathrin Mändler tritt eine Stelle als Krankenschwester an und meint, endlich ihren Platz im Leben gefunden zu haben. Als die junge Frau kurz darauf dem charismatischen Arzt Karl Landmann begegnet, fühlt sie sich unweigerlich zu ihm hingezogen. Zu spät merkt sie, dass Landmanns Arbeit das Leben vieler Menschen bedroht – auch ihr eigenes. 2013. In München lebt ein Mann für besondere Aufträge, Manolis Lefteris. Als er geheimnisvolle Akten aufspüren soll, die sich im Besitz einer alten Dame befinden, hält er das für reine Routine. Er ahnt nicht, dass er im Begriff ist, ein Verbrechen aufzudecken, das Generationen überdauert hat …
Gegen das Vergessen
Der Kenner wird mit einem Blick ins Buch schnell feststellen, dass sich hinter dem Namen Ellen Sandberg eigentlich die Krimiautorin Inge Löhnig versteckt, die bereits sehr erfolgreich und äußerst gute Bücher schreibt. Hier wagt sie sich jedoch auf komplett neues Terrain, weshalb dieses Buch mit dem Pseudonym von ihrer bekannten Krimireihe abgegrenzt wurde. Dieses Buch sollte allerdings jeder lesen und ich verrate euch jetzt auch weshalb.
Ein Punkt, der mir an Inge Löhnig so unglaublich gut gefällt, ist ihr unheimliches Talent Geschichten auf Papier zu bringen. Fängt sie an zu erzählen, dann kann man sich kaum losreißen und verschlingt gierig Seite um Seite. Im Fall von „Die Vergessenen“ ist es nicht anders. In nur wenigen Tagen habe ich diese Geschichte inhaliert und war, wieder einmal, vollkommen gefesselt von der Erzählkraft der Autorin.
Wird in einem Buch eine Geschichte aus der Zeit um den 2. Weltkrieg erzählt, werde ich aber prinzipiell hellhörig. Ich finde, dass es so viele grausame Ereignisse gibt, über die viel zu wenige von uns wirklich Bescheid wissen. Umso wichtiger, dass es immer wieder Autoren gibt, die davon erzählen und reale Gegebenheiten in ihre Geschichten verweben. Auch viele Jahre danach ist es wichtig, gegen das Vergessen anzukämpfen und auch der neuen Generation von den grauenhaften Geschehnissen zu berichten. Sandberg wählt hier das Thema Euthanasie, was sicherlich eines der grauenvollsten Thematiken rund um den 2. Weltkrieg ist, deshalb aber nicht minder wichtig.
Erzählt wird die Geschichte in zwei unterschiedlichen Erzählsträngen, die zum einen aus der Perspektive von Kahtrin aus der Zeit um 1944 verfasst sind und zum anderen aus der Gegenwart berichten. Der leichte Krimiaspekt, der mit der Erzählung von Manolis Lefteris noch zusätzlich eingebaut wurde, gefiel mir nicht hundertprozentig, war aber im Gesamtbild auch nicht weiter störend. Die Autorin kommt eben aus dem Bereich Krimi und kann das „ermitteln“ daher wohl nie ganz lassen. Der Spannungsbogen wurde die ganze Zeit über aufrechterhalten und auch, wenn es gerade weniger Spannendes zu berichten gab, fesselte mich die Autorin dennoch komplett. Die Tragik und das Ausmaß der Erzählungen rund um die Euthanasie haben mich dazu gebracht, mich endlich mehr mit diesem Thema zu beschäftigen und mich noch mit anderweitiger Lektüre dazu zu befassen.
Der eigentliche Grundgedanke der Geschichte war wohl auch darüber zu berichten, wie viele Naziverbrecher aus der damaligen Zeit später ungestraft davongekommen sind und niemals für ihre abscheuliche Taten zur Rechenschaft gezogen wurden. Eine Schande für das deutsche Rechtssystem und eine wichtige Mahnung für die heutige Generation. Man sollte alles in seiner Macht stehende tun, damit sich diese Taten nie mehr wiederholen.
Fazit
Ein packender und fesselnder Roman, der eindringlich und intensiv über eine wahre tragische Begebenheit aus der Zeit um den 2. Weltkrieg berichtet und mich von der ersten Seite an gefesselt hat. Inge Löhnig alias Ellen Sandberg versteht ihr Handwerk und hat mich mit diesem Buch regelrecht begeistert. Sollte man lesen!
Die Vergessenen von Ellen Sandberg – Penguin – 512 Seiten – ISBN 978-3-328-10089-8 – Paperback – 13,- Euro
5 Kommentare
Das Buch lese ich momentan auch (deshalb habe ich nur dein Fazit gelesen bisher :P) und finde es auch super. Bin gespannt, wie es weitergeht (bin am Anfang) und wie es letztendlich ausgeht. Die unterschiedlichen Sichten mag ich sehr gerne und machen das Buch sehr spannend!
♥
Hallo Petzi,
danke für diesen Tipp. Ich finde Bücher über diese Zeit auch sehr wichtig und interessant.
Kürzlich habe ich ein ebenfalls spannendes Buch über die Zeit direkt nach Ende des Zweiten Weltkriegs gehört:
http://glimrende.de/leseliebe-deutschland-zur-stunde-null-oder-wie-ich-beinahe-den-glauben-an-die-deutschen-verloren-haette-ikarien-von-uwe-timm-rezension
Viele Grüße,
Stefanie von http://www.glimrende.de
Durch das Lesen Ihrer Rezension möchte ich auch dieses Buch lesen. schlage mir vor, wo ich es in Berlin leicht bekomme?
Interessante Rezension. Das Buch kommt auf jeden Fall auf meine Liste. 🙂
[…] mitreißend zu erzählen. Dennoch bleibt dieses Buch ein wenig hinter meinen Erwartungen zurück. “Die Vergessenen” konnte mich mehr überzeugen, vielleicht auch einfach wegen der Geschichte an sich. Warum ich […]