‚Töchter‘ von Lucy Fricke

von Petzi

Zwei Frauen brechen auf zu einer Reise in die Schweiz, mit einem todkranken Vater auf der Rückbank. Eine letzte, finale Fahrt soll es werden, doch nichts endet, wie man es sich vorgestellt hat, schon gar nicht das Leben.
Martha und Betty kennen sich seit zwanzig Jahren und sie entscheiden sich fürs Durchbrettern. Vor sich haben sie das Ziel, von hinten drängt das nahende Unglück. „Es gab niemanden, mit dem ich so lauthals über das Unglück lachen konnte wie mit Martha. Die wenigsten Frauen lachten über das Unglück, schon gar nicht über ihr eigenes. Frauen redeten darüber, bis sie weinten und nichts mehr zu retten war. Was das Leiden betraf, verstanden Frauen keinen Spaß.“

Ein Roadmovie der besonderen Art

Selten passiert es, dass ich ein Buch zur Hand nehme und es erst wieder aus der Hand lege, wenn ich die Geschichte komplett gelesen habe. Bei „Töchter“ von Lucy Fricke ist genau das passiert. Ich kannte die Autorin bisher nicht und war neugierig, weil das Buch in letzter Zeit immer wieder auf meinem Radar aufgetaucht ist.

Betty und Martha sind mit Marthas krebskrankem Vater unterwegs in eine Sterbeklinik in die Schweiz. Der möchte seinem Leben nämlich ein selbstbestimmtes Ende setzen. Am Ende landet die Gruppe aber nicht in der Schweiz, sondern in Italien und später auch in Griechenland und die Reise wird viel mehr als ein Abschied.

Keine leichte Kost, die uns Fricke hier serviert und dennoch wahrscheinlich genau aus diesen Gründen so unglaublich gut. Ein intensives und vereinahmendes Leseerlebnis, das den Leser so schnell nicht mehr loslässt und ziemlich berührt. Nicht umsonst konnte ich das Buch gar nicht erst aus der Hand legen, weil ich unbedingt wissen wollte, welchen Verlauf die Handlung nimmt, wohin sich die Geschichte entwickelt und was aus dem Vater und Betty und Martha wird. Trotz der Thematik überzeugt die Autorin auch mit Witz, Charme und überraschenden Wendungen.

„Wann immer man eine Nachricht bekam, die erschütternd war, egal, ob gut oder schlecht, drehte man sich danach um und sah die Welt unbewegt, obwohl sich für einen selbst gerade alles verändert hatte.“ S. 145

Es geht um eine intensive Vater-Tochter-Beziehung, Freundschaft, Familie, Verlust und unausgesprochene Worte. Ich war wirklich sehr berührt von der Handlung, nur das Ende hatte für mich dann doch kleinere Schwächen. Zu schnell wollte die Autorin ans Ziel, was so gar nicht nötig gewesen wäre. In Anbetracht der großartigen Geschichte kann ich darüber aber hinwegsehen.

Manchmal gibt es diese Bücher, die auf einen zu warten scheinen. Man liest sie und weiß sofort, dass man genau in diesem Moment diese Worte braucht, diese Geschichte lesen muss und sie einen nachhaltig verändern wird. Ein Stück weit war es hier so.

Fazit

Ein mitreißender, fesselnder und tiefsinniger Roadmovie von zwei Frauen und einem totkranken Vater, auf der Suche nach sich selbst, der Liebe und der eigenen Herkunft. Eine absolute Leseempfehlung!

Töchter von Lucy Fricke – Rowohlt Verlag – 240 Seiten – ISBN 978-3-498-02007-1 – Hardcover – 20,00 Euro – nominiert für den Bayerischen Buchpreis 2018.

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4 Kommentare

Zeillentänzerin 01/11/2018 - 15:33

Steht oben auf meiner Liste. Ich finde einfach kaum Zeit, weil ich so viel lesen will.

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Petzi 05/11/2018 - 21:07

Hier kann ich dir tatsächlich empfehlen, dass du dir dafür Zeit nimmst. Ein ganz tolles Buch. 🙂

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Laura Farina 14/11/2018 - 12:01

Es sieht toll aus, um es für Inspiration zu lesen.

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Anna (Masterstudiengang wählen) 19/02/2019 - 09:50

das ist ein wirklich tolles Buch, sehr empfehlenswert!

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