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‚Mach sie tot, mach sie tot!‘ Mit diesen Worten im Kopf erwacht eine Frau auf einer Intensivstation. Fast zwei Jahre lag sie im Koma und kann sich an nichts erinnern. Wer ist sie? Den Mann, der sie mit Claudia anspricht und sich als ihr Ehemann vorstellt, kennt sie nicht. Auch an einen Sohn kann sie sich nicht erinnern. Stück für Stück kommen Erinnerungen an die Oberfläche, die sie lieber verdrängen möchte und schon bald muss sie sich der Frage stellen, ob der Unfall vor zwei Jahren wirklich ein Unfall war und ihr jemand nach dem Leben trachtet…
Psychologisches Drama
Petra Hammesfahr ist für mich eine der deutschen Autoren, die ich immer wieder gerne lese. In der großen Auswahl ihrer veröffentlichten Werke sind einige Bücher dabei, die ich absolut empfehlen kann. Ihre Geschichten überzeugen mich nicht immer gleich gut, aber dennoch warte ich auf jede Neuveröffentlichung gespannt.
Mit ‚Fremdes Leben‘ erschien vor Kurzem ihr neuster Roman, in dem eine Frau auf einer Intensivstation erwacht und nicht mehr weiß, wer und wo sie ist. Langsam kämpfen sich Erinnerungen an die Oberfläche und schnell beschleicht sie das Gefühl, das sie in Gefahr schwebt. War der Autounfall vor fast zwei Jahren wirklich ein Unfall? Ist es ein dummer Zufall, dass sie überhaupt wieder aus dem Koma erwacht ist? Mit der Zeit ergeben sich immer mehr Anhaltspunkte und mithilfe ihrer Ärztin Lina Scheuer findet die unbekannte Frau bald heraus, wer sie ist. Claudia Beermann, verheiratet und Mutter eines Sohnes.
Wie würdest du dich fühlen, wenn du nach knapp zwei Jahren aus dem Koma erwachst und dir jegliche Erinnerung an dein frühes Leben fehlt? Petra Hammesfahr spielt mit ihren Lesern ein richtiges Psychospielchen, denn sie wirft in diesem Buch viele Fragen auf, die auch den Leser nicht kaltlassen. Die Tatsache, dass man lange nicht weiß, wer die unbekannte Frau ist und was ihr wiederfuhr, schrauben kräftig an der Spannungskurve. Als Leser ist man relativ schnell in dieser Geschichte gefangen und möchte unbedingt mehr von den Umständen des Unfalls erfahren.
Stück für Stück streut die Autorin neue Tatsachen ein, lüftet einzelne Zusammenhänge und setzt Fragmente an ihren vorgesehenen Platz. Dennoch kann man als Leser lange nicht erahnen, was wirklich passiert ist. Die Charaktere, allen voran Claudia Beermann, sind Petra Hammesfahr ausnehmend gut gelungen. Die Verzweiflung und Ausweglosigkeit war direkt spürbar und sehr authentisch beschrieben. Aber auch alle anderen Protagonisten konnten mich überzeugen und haben nachvollziehbar und plausibel gehandelt.
Der Schreibstil von Petra Hammesfahr ist sicherlich nicht jedermanns Sache. Sie schreibt manchmal abgehackt und an manchen Stellen geht sie auch sehr auf Nebensächlichkeiten ein. Aber sie beherrscht es dennoch, dass auch diese Nebensächlichkeiten spannend erzählt werden und man das Buch kaum aus der Hand legen kann. Langeweile sucht man vergebens.
Lange Zeit war ich nicht sicher, ob ich mit der Auflösung am Ende wirklich glücklich bin. Mit ein wenig Abstand zum Buch kann ich jedoch sagen, dass ich den ganzen Roman als sehr gelungen betrachte. Obwohl kein Buch der Autorin ein Krimi ist, sind dennoch all ihre Geschichten so psychologisch, spannungsgeladen und atmosphärisch dicht, dass man auch als Krimileser seine wahre Freude hat.
Die Grundidee dieser Geschichte hat man so vielleicht schon irgendwo gelesen. Eine Frau, die aus dem Koma erwacht und nicht mehr weiß, wer sie ist, gibt es öfter. Dennoch habe ich mich sofort auf dieses Buch gefreut, als ich den Klappentext zum ersten Mal gelesen habe. Die Umsetzung von Hammesfahr macht die Geschichte zu etwas Besonderem. Stück für Stück baut sich ein Drama auf, dass man als Leser lange nicht erkennt und von dem man am Ende auch ein Stück weit geschockt ist.
Fazit
Hammesfahr legt hier eine fesselnde Geschichte mit enorm viel Spannung und authentischen und überzeugenden Protagonisten vor, die man so schnell nicht mehr aus der Hand legen wird. Auch wenn es sich hier nicht um einen Krimi handelt, wird man auch als Krimileser seine wahre Freude damit haben.
5/5 Punkten
Fremdes Leben von Petra Hammesfahr – Diana Verlag – 496 Seiten – ISBN 978-3-453-35893-5 – Hardcover – 19,99 Euro
4 Kommentare
Petra Hammesfahrs „Die Sünderin“ war jenes Buch, das dafür gesorgt hat, dass ich dem Genre „Kriminalroman“ für eine ziemlich lange Zeil vollkommen verfallen war. Deshalb kann ich deine Begeisterung für die Autorin und ihre Bücher vollkommen nachvollziehen. Ich freu mich, dass dich „Fremdes Leben“ überzeugen konnte, und denke ich sollte auch bald wieder zu einem Hammesfahr-Roman greifen… ♥
LG und ein schönes Wochenende,
Nana
Petra Hammesfahr wurde mir jetzt schon öfter empfohlen. „Ein Tag im November“ steht schon länger auf meiner Wunschliste. Vielleicht sollte das Buch doch endlich einmal bei mir einziehen.
Hab ein sonniges Wochenende.
Kerstin
Das Buch ist noch ziemlich neu, oder? Ich habe das Gefühl, das Covermotiv erst vor kurzem irgendwo gesehen zu haben … Ob das ein Werbeaufsteller in der Buchhandlung war? Oder doch wo anders? Irgendwie fällt es mir nicht mehr ein *seufz*. Aber egal, ich hab eigentlich auch schon lang nichts mehr von der Autorin gelesen, es wird mal wieder Zeit :). Daher auch danke für die Empfehlung!
Liebe Grüße
Marie
So sehe ich das auch: Es ist zwar kein typischer Krimi, verbindet aber genügend Elemente.