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Zum Buch
Der Feind in meinem Topf? von Susanne Schäfer – Hoffmann und Campe – 240 Seiten – ISBN 978-3-455-50350-0 – Klappbroschur – 16,99 Euro – bei ocelot kaufen
Inhalt
Essen ist mittlerweile Lifestyle und einhergehend damit, wird Essen immer häufiger als Bedrohung wahrgenommen. Es gibt echte oder gefühlte Unverträglichkeiten und auch ziemlich verschiedene Ängste vor bestimmten Inhaltsstoffen. Diese Ängste dominieren den Speiseplan. Der Trend geht ganz klar in Richtung „Frei von …“ Geradezu hysterisch werden wahlweise Gluten, Laktose, Fruktose oder Histamin als Risiko für unsere Gesundheit gebrandmarkt. Etliche dieser Empfehlungen haben eine kürzere Haltbarkeit als die darauf abgestimmten Produkte, an denen die Nahrungsmittelindustrie kräftig verdient – und für Gesunde keinen medizinisch nachweisbaren Nutzen. Susanne Schäfer untersucht aus medizinischer, psychologischer und soziologischer Perspektive, was für das wirklich gute Bauchgefühl nötig ist. Denn viele der Legenden vom gefährlichen Essen entbehren jeglicher Substanz. Nie war es so einfach wie heute, sich gesund zu ernähren und mit hochwertigen Lebensmitteln zu versorgen!
Meine Meinung
Dieses Buch habe ich durch Zufall in der Werbung entdeckt und war gleich so angetan, dass ich es mir sofort gekauft habe. Sachbücher sind neben der normalen Literatur eine große Leidenschaft, und da ich berufsbedingt ebenfalls viel mit Ernährung zu tun habe, wollte ich dieses Buch natürlich unbedingt lesen.
Immer mehr Menschen sehen Essen nicht mehr als Genuss, sondern als schlimmes krankmachendes Übel, das nur Probleme bereitet. Dass dieses vermeintliche „Bedrohung“ nicht existiert, zeigt die Autorin in diesem Werk auf unterschiedliche Art und Weise. Sie bestreitet dabei nie, dass es tatsächlich Unverträglichkeiten gibt und Menschen, die diese haben auch unbedingt auf diese Art Lebensmittel angewiesen sind. Auch Vegetarier und Veganer werden nicht in eine diskriminierende Ecke gedrängt. Trotzdem deckt sie in diesem sehr gut recherchierten Werk auf, dass beispielsweise nur 0,3% der Bevölkerung an Zöliakie leiden. Eine Erkrankung, die glutenfreie Ernährung unbedingt notwendig macht. Dagegen ernähren sich aber bereits 9% glutenfrei. Ob überhaupt eine Glutensensitivität existiert, ist unter Wissenschaftlern hoch umstritten.
Gewinner dieses neuen Lifestyles ist damit ganz klar die Ernährungsindustrie. „Frei von…“-Produkte, die manchmal das Dreifache des normalen Produkts kosten, boomen und die Verbraucher gieren förmlich danach. Bücher, die böse Kohlenhydrate verteufeln, werden Bestseller und auch viele Prominente springen auf den Zug des Wohlfühl-Foods auf und werfen ihre Ernährungsratgeber und Kochbücher auf den Markt.
In zehn ausführlichen Kapiteln geht Susanne Schäfer auf die Ernährungsgewohnheiten ein und beschreibt, warum wir so empfindlich geworden sind und wie Industrie und dubiose Ärzte ein Geschäft aus der Angst machen. Sie schreibt dabei in klarer Sprache und gutem Argumentationsstil und hat mich mit ihren Worten regelrecht gefesselt. Obwohl es sich hierbei um ein Sachbuch handelt, konnte ich es tatsächlich kaum aus der Hand legen.
Dieses Buch ist auch ein Appell an den gesunden Menschenverstand. Man sollte nicht jedes Bauchweh sofort interpretieren, nicht leichtfertig und ohne Test auf eine Laktoseintoleranz schließen und wieder öfter auf seinen Körper hören. Unbewusst wird man das Richtige tun und essen, was man auch gut verträgt. Essen ist ein Genuss und es lohnt sich, diesen zu zelebrieren. Dieses Buch regt sicherlich zu einigen Diskussionen an, dennoch fand ich es sehr interessant zu lesen, wie Frau Schäfer einige Mythen ganz klar und nachweislich widerlegt, auf interessante Studien hingewiesen hat und auch einige Fachärzte zu Wort kommen ließ. Auf den letzten Seiten finden sich zahlreiche Quellenangaben zu den beschriebenen Studien und zitierten Büchern.
Fazit
Ein äußerst interessantes und wichtiges Buch zum Thema Ernährung, das man unbedingt gelesen haben sollte, wenn man sich für diese Thematik interessiert. Susanne Schäfer schreibt informativ, unterhaltsam und so fesselnd, wie ich es bisher kaum in einem Sachbuch gelesen habe.
5/5 Punkten
4 Kommentare
Oh, das klingt interessant und nach einem Buch nach meinem Geschmack. Mich nerven all diese Unverträglichkeiten und Sonderwünsche extrem an. Du kannst nicht mal mehr nen Kuchen für das Kindergartenfest backen, ohne dass Fragen kommen wie: „Ist der glutenfrei?“, „Da ist aber kein weißer Zucker drin oder?“, „Ist der Kuchen laktosefrei?“
Ich hatte nach dem Titel auf genau so ein Panikbuch getippt und bin nun wirklich positiv überrascht. Ich schaue es mir unbedingt mal an.
Grüße
Mareike
Auf seinen Geist und Körper hören ist sowieso ein Credo, dass man sich öfters mal vorhalten sollte. Dann kann man, meiner Meinung nach, gar icht soviel im Leben falsch machen.
Ich finde schon, dass es heutzutage sinnvoll ist, Lebensmittel ordentlich zu kennzeichnen. Ich habe in meinem Freundeskreis einige Leute, die mit Laktosintoleranz zu kämpfen haben oder an Zöliakie leiden – da etwas Falsches zu essen, ist echt kein Spaß. Insofern ist es bei Parties im Bekanntenkreis mittlerweile ganz normal, dass überall dransteht, wenn etwas ggf. nicht vertragen wird.
Ich bin aber auch total dagegen, dass auf einmal bestimmt Nahrungsmittel generell verpönt sind (Stichwort „Weizenwampe“). Das ist absoluter Unsinn. Sich da bewusst zu machen, dass man selbst am besten fährt, wenn man sich einfach ausgewogen und abwechslungsreich ernährt, ist das A und O.
LG
Bina
Liebe Bina,
da gebe ich dir natürlich absolut recht. Wenn man wirklich an Laktoseintoleranz leidet, dann ist es natürlich super, dass es zahlreiche Produkte gibt, die ohne Laktose auskommen. Und auch bei Zöliakie ist natürlich glutenfrei unbedingte Pflicht. Das bestreitet die Autorin allerdings auch nie.
Es gibt eben aber auch zahlreiche Menschen (Stichwort Weizenwampe), die da total drauf anspringen, überhaupt keine Intoleranz oder Erkrankung haben und trotzdem dieses Konsequente 'Frei von…' einhalten. Daher fand ich das Buch auch so erfrischend anders und wirklich gut. 🙂
Liebe Grüße
Petzi