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Zum Buch
Der Fall Collini von Ferdinand von Schirach – Piper – 208 Seiten – ISBN 978-3492054751 – Taschenbuch – 8,99 Euro – bei glatteis kaufen
Inhalt
Warum ermordet ein Mann, der sich sein Leben lang nichts zuschulden kommen ließ, einfach so einen Menschen?
Der Italiener Fabrizzio Collini arbeitet 34 Jahre als Werkzeugmacher bei Mercedes und führte ein unauffälliges und unbescholtenes Leben. Einfach so ermordet er in einem Berliner Luxushotel einen alten Mann, gesteht die Tat sofort und lässt sich verhaften. Der junge Anwalt Caspar Leinen übernimmt die Pflichtverteidigung. Als er erfährt, wer das Opfer war, beginnt für ihn ein Albtraum. Wieder und wieder versucht er die Tat zu verstehen, denn Collini schweigt zum Motiv. Schließlich stößt Leinen auf etwas, das weit hinaus geht über den Fall Collini und ihn in ein erschreckendes Kapitel deutscher Justizgeschichte führt.
Meine Meinung
Ferdinand von Schirachs Geschichte beruht auf einem wahren Fall, der für dieses Buch verfremdet wurde.
Beginnt man mit den ersten Seiten, wird man wohl überrascht sein über den Schreibstil des Autors. Dieser kommt eher karg daher, bleibt sachlich, distanziert und erinnert an mancher Stelle eher an ein Protokoll, als an einen Roman. Dennoch kann man sich nicht von diesem Buch losreißen und verfolgt interessiert das Geschehen. Von Schirach stellt den Anwalt Capser Leinen in den Mittelpunkt seiner Handlung. Obwohl Collini der Mörder ist, erfährt man von diesem relativ wenig.
Allgemein kann man zu den Protagonisten wenig schreiben, da sie in diesem Buch nur geringen Raum einnehmen. Die Zeichnungen zu seinen Figuren hält der Autor bewusst minimalistisch. Aus diesem Grund erstaunt es sehr, dass er es dennoch schafft, eine Atmosphäre zu erzeugen, die den Leser in seinen Bann schlägt und das Buch nicht beiseitelegen lässt.
Meisterhaft ist es ihm gelungen, aus einem trockenen Justizfall, eine berührende Lebensgeschichte zu erschaffen, die den Leser mit Sicherheit nicht kalt lässt. Interessant ist es auch zu lesen, wie die deutsche Justiz mit diesen Fällen aus der dunklen Vergangenheit Deutschlands umgeht und über Recht und Unrecht entscheidet. Die Hälfte des Romans befasst sich mit den Vorbereitungen zum Prozess, erst dann steigt die Spannung leicht an. Aber obwohl nicht die ganze Zeit Spannung vorhanden ist, ist das Buch nie langweilig.
Als Leser beginnt man langsam Collini zu verstehen und entwickelt eine gewisse Art von Sympathie und Mitgefühl für diesen Mann. Am Ende überlässt der Autor dem Leser selbst, über Schuld und Unschuld zu entscheiden, da er keine Partei ergreift oder eine Wertung vornimmt.
Manchmal gibt es Stellen im Buch, zu denen ich mir eine etwas detailreichere Erzählung gewünscht hätte. Hier erscheinen manche Passagen zu wenig ausgebaut oder doch einen Hauch zu minimalistisch. Insgesamt konnte mich von Schirachs erstes Buch jedoch überzeugen und lässt mich erstaunt und neugierig zurück. Für mich wird es ganz sicher nicht das letzte Buch dieses Autors gewesen sein.
Fazit
Ein toll spannendes Buch über einen wahren Justizfall, das sich trotz seines Schreibstils wunderbar lesen lässt und aus einem trockenen Justizfall eine berührende Lebensgeschichte macht. Damit auch ganz klar ein Buch, das man gelesen haben sollte.
4/5 Punkten
1 Kommentar
Hallo 🙂
dieses Buch subbt auch noch bei mir rum. Ich glaube von selbst würde ich es nie lesen, aber nach deiner schönen Rezension sollte ich vielleicht doch mal einen genaueren Blick wagen. So lang ist es ja auch nicht, wenn es jetzt ein Wälzer wäre, würde es mich wohl zusätzlich abhalten.
Liebe Grüße
j125