Ich kann mich erinnern, dass meine Mama früher immer den Mondkalender beobachtet hat, bevor sie bestimmte Dinge tat. Gemüse im Garten anpflanzen zum Beispiel. Ich fand das ehrlich gesagt seltsam und habe das sehr belächelt. Überhaupt bin ich zwar auf einem bayerischen Dorf aufgewachsen – und musste damit einhergehend alle kirchlichen Feste feiern – habe mich aber nie also sonderlich gläubig bezeichnet. Irgendwann begegnete mir mal eine Frau, die mir erzählte, dass sie sich regelmäßig die Karten legt und so ganz grundsätzlich auch spürt, dass von mir eine gute Energie ausgehen würde. Und ja, auch das habe ich belächelt. Ich war realistisch und konnte nichts mit Dingen anfangen, die man weder erklären, noch sehen konnte. Es lag schlicht außerhalb meiner Vorstellungskraft.
Der Duden beschreibt Spiritualität wie folgt:
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Der Glaube
Erklären und benennen – zwei Dinge, auf die ich besonderen Wert gelegt habe. Wenn man etwas wirklich nachweisen kann, dann muss es richtig sein. Irgendwann habe ich aber gelernt, dass dem überhaupt nicht so sein muss. Ich musste mir eingestehen, dass ich vielleicht doch mehr Spiritualität lebte, als ich es nach außen hin zugeben wollte. Zu groß war die Angst, in die esoterische Ecke gestellt zu werden. Und obwohl ich mich dort überhaupt nicht sehe, frage ich mich dennoch ganz oft: Warum ist das überhaupt so negativ behaftet?
Schubladendenken
Hannah und Marie Krutmann schreiben in ihrem Buch „Everyday Magic“:
„Der Unterschied zwischen Esoterik und Spiritualität besteht darin, dass spirituelle Menschen (unabhängig von einer Religion oder Glaubensgemeinschaft) davon überzeugt sind, dass es noch etwas Größeres gibt, das außerhalb der bekannten Sinneswahrnehmung liegt. Esoterik geht noch einen Schritt weiter. Sie befasst sich mit einer Lebensanschauung, deren Einflüsse fernab der naturwissenschaftlichen Weltsicht liegen.“
Ich persönlich bezeichne mich nicht als esoterisch, aber oft verschwimmen hier die Grenzen und Menschen die grundsätzlich nichts damit anfangen können, verwenden die Begrifflichkeiten falsch. Und versteht mich nicht falsch, ich habe überhaupt nichts gegen Menschen, die Esoterik mögen und sich hier gut aufgehoben fühlen. Ich kann selbst auch nicht mit allen Dingen aus dem spirituellen Bereich etwas anfangen. Ich finde, dass jede an das glauben soll, was ihr persönlich Kraft gibt und wenn das Engel sind, dann ist das auch absolut okay. Ist überhaupt nichts für mich, aber es steht niemandem von uns zu, darüber zu urteilen.
Woher kommt überhaupt dieses Schubladendenken und dieser negative Touch? Frauen*, die ihre Spiritualität ausgelebt haben, wurden früher als Hexen bezeichnet. Und wenn du im Geschichtsunterricht gut aufgepasst hast, dann weißt du durchaus, was mit Hexen im Mittelalter passierte. Und auch spätere Märchen und Disneyfilme stellen Hexen in der Regel als böse und hasserfüllt dar. Später gab es natürlich auch positive Beispiele. Ich erinnere mich noch genau, als ich beispielsweise regelmäßig Buffy geschaut habe und begeistert davon war.
Die Sache mit dem Universum
Meine Kollegin erzählte mir mal, dass sie bereits beim Losfahren den freien Parkplatz vor der Tür beim Universum bestellt und es damit immer funktioniert. Habe ich tatsächlich auch mal versucht und hat geklappt. Nicht nur einmal. Ich war überrascht und hab das auf andere Dinge ausgeweitet. Und nein, ich glaube nicht, dass du die Million bestellen kannst, die morgen vor deiner Tür liegt. Aber darum geht es gar nicht. Überhaupt gibt es so Dinge, die man irgendwie nicht erklären kann und dennoch spürt, dass da mehr dahinter ist. Ganz intuitiv, wenn man sich darauf einlassen kann. Intuition ist übrigens auch so ein Thema. Jeder von uns hat sie, viele nehmen sie aber nicht mehr wahr, weil wir verlernt haben auf unsere innere Stimme und unser Gefühl zu hören.
Was sagen die Sterne?
Ich war zum Beispiel schon immer ein großer Fan von Astrologie und frage immer jeden nach dem Sternzeichen. Es ist total spannend, welche Eigenschaften sehr oft zutreffen. Als ich selbst mal ein Geburtshoroskop geschenkt bekam, welches auf mein persönliches Geburtsdatum, -zeit und –ort abgestimmt war, war ich überrascht. Ich hatte das Gefühl, hier hat jemand ein Buch über mich geschrieben. Seitdem bin ich der Meinung, dass da durchaus etwas dahinter ist.
Das bedeutet aber nicht, dass ich Menschen nur noch aufgrund ihres Sternzeichens treffen würde. Ich finde es spannend, es definiert aber nicht mein Leben. Auch der Mond hat bestimmt eine Bedeutung, denn nicht umsonst schlafen viele bei Vollmond deutlich schlechter und auch die allgemeine Stimmungslage ist in der Zeit eher gereizt. Alles verläuft in Zyklen. Mondphasen, Tag und Nacht, die Jahreszeiten. Nur wir haben immer den Anspruch gleich zu funktionieren, immer die volle Leistung abrufen zu können, dabei kann das doch gar nicht funktionieren.
Alltagstaugliche und empowernde Spiritualität
Zum Ende des Jahres 2021 las ich das Buch „Everyday Magic“ von Hannah und Marie Krutmann und war total geflasht. Sie beschreiben in ihrem Buch nämlich all die Dinge, mit denen ich mich auf die eine oder andere Art schon beschäftigt habe. Total positiv und unglaublich wertschätzend. Während ich das Buch las, fing ich an nachzudenken. Gibt es denn wirklich etwas, für das ich mich schämen muss? Ist es wirklich verwerflich, wenn ich klar kommuniziere, dass ich hin und wieder Karten lege, Horoskope und Astrologie spannend finde, Aromatherapie mag und manchmal mit Steinen arbeite? Es ist ja wirklich einzig und allein meine Sache.
Bereits im Vorwort des Buches heißt es: „Zum einen ist Spiritualität nicht gleichbedeutend mit Esoterik, und zum anderen ist sie etwas sehr Persönliches und gleichzeitig Universelles. Sie hat viel damit zu tun, wie du selbst dich in Verbindung zu etwas Größerem fühlst.“
Manche Dinge muss man vielleicht auch einfach nicht beweisen und auch wenn es am Ende nur der Glaube an etwas ist, dann ist es ebenso in Ordnung. Es ist ja erwiesen, dass die eigenen Gedanken unglaublich viel beeinflussen können und am Ende zählt – wie so oft – nur das Endergebnis. „Everyday Magic“ macht auf viele Arten bewusst, dass man sich keinesfalls für seine spirituellen Praktiken schämen muss und sich Aktivismus, Feminismus und Spiritualität einander nicht ausschließen.
Ich zelebriere nicht täglich irgendwelche Rituale und lebe mein Leben danach, was Karten sagen. Manchmal sind es nur fünf bewusste Minuten, in denen ich reflektiere. Oder eine ausgiebige Dusche, in der ich den Tag von mir abwasche. Auch das ist ja schon ein Stück gelebte Spiritualität, die andere vielleicht gar nicht bewusst wahrnehmen. Wenn du also auch diese leise Stimme in dir wahrnimmst, dann empfehle ich dir sehr, dass du dieses Buch liest. Ich werde es demnächst hier auf dem Blog auch noch ausführlicher vorstellen.
Kontrolle und Ungewissheiten
In meinen Augen ist besonders wichtig, dass man in spiritueller Praxis vielleicht nicht die Lösung für alles sucht. Sie ist so individuell wie du selbst, du kannst für dich herausnehmen, was dir gut tut und sein lassen, was sich nicht richtig anfühlt. Svenja Gräfen schreibt in ihrem Buch „Radikale Selbstfürsorge Jetzt!“:
„Es kann helfen und ganz simple Spaß machen, sich mit Horoskopen, Human-Design-Charts oder auch Traumdeutung auseinanderzusetzen, genauso wie es helfen und Spaß machen kann, Tarotkarten zu legen oder zu orakeln. Es ist etwas Gutes und sogar Ermächtigendes, wenn du frische Motivation aus einem Neumondritual ziehen kannst oder wenn bestimmte Karten dir Kraft geben. Es kann durchaus zur Persönlichkeitsentwicklung beitragen, im Alltag, bei Problemen oder schwierigen Entscheidungen unterstützen, immerhin ist vieles davon schlicht eine Einladung zur Reflexion, dazu, mit sich selbst, den eigenen Denkmustern und Erfahrungen auseinanderzusetzen…“
Sie schreibt aber natürlich auch, dass es nicht immer helfen muss und natürlich auch nicht die ultimative Wahrheit ist. Wie so oft hat alles zwei Seiten.
Journaling & Meditation
Schreiben für sich würde ich jetzt nicht als spirituellen Akt bezeichnen, aber dennoch lernen immer mehr Menschen die Kraft des geschriebenen Wortes zu schätzen. Ob freies Schreiben, Morning Pages oder die Beantwortung bestimmter Fragen. Schreiben macht frei und bringt Ordnung und Klarheit in den Kopf. Darüber habe ich auch mit Bianca Fritz gesprochen, die ein eigenes Journaling-Karten-Set entwickelt hat. Auch in der spirituellen Praxis wird dieses Prinzip genutzt und mit Hilfe geschriebener Worte regelmäßig reflektiert. Das tut gut, befreit und bringt nicht selten hilfreiche Erkenntnisse und Gedanken zu Papier. Ebenso verhält es sich mit der Meditation. Die Wirkung eben dieser ist wissenschaftlich erwiesen und wird auch in zahlreichen Gesundheitsratgebern und Büchern empfohlen. Auch in der spirituellen Praxis hat sie einen festen Platz. Auf dem Blog habe ich bereits einmal über meine Meditationserfahrung geschrieben und auch Bücher und Podcasts dazu vorgestellt.
Mit Klischees aufräumen
Am Ende gibt es hier kein richtig oder falsch. Klar gibt es auch in diesem Bereich schwarze Schafe. Menschen, die dir für viel Geld Dinge verkaufen möchten, dein Leid ausnutzen oder echte psychische Krankheiten mit spirituellen Praktiken therapieren wollen. Das ist tatsächlich fahrlässig und moralisch verwerflich. Darüber schreiben auch Hannah und Marie Krutmann. Es wäre jedoch fatal, wenn man dieses Vorgehen einfach pauschal auf alle überträgt. Ich bin absolut dafür Dinge wissenschaftlich zu beleuchten, denke aber auch, dass sich das gegenseitig nicht ausschließen muss. Es ist natürlich in Ordnung, wenn man nicht d‘accord damit geht, selbst keinen Zugang zur spirituellen Praktiken hat und nur mit wissenschaftlich fundierten Fakten etwas anfangen kann. Es tut dir aber auch nicht weh, wenn du andere Ansichten zu diesem Thema akzeptierst und vielleicht ein Stück weit weniger belächelst.
Spannende Podcastfolge zum Thema
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Buchtipps zum Thema
Hier habe ich einige Buchtipps zum Thema versammelt, die ich im Artikel erwähnt habe oder die sich mit dem Thema befassen. Vielleicht ist auch etwas für dich dabei?
Hinterlasse hier gerne eine Nachricht, wenn du mehr zum Thema lesen möchtest bzw. Lust auf mehr Buchtipps zum Thema hast. Kannst du mit Spiritualität etwas anfangen oder ist das gar nichts für dich?
5 Kommentare
Hallo Petzi,
ein spannender Beitrag zu einem spannenden Thema!
Gleich vorweg: Die „Buchtipps zum Thema“ sehe ich nicht. Wenn ich auf die frei Fläche klicke, öffnet sich zwar immer wieder ein Bild im neuen Fenster, aber hier im Beitrag sehe ich nix. Könnte aber ein Problem hier bei mir sein. 🙂
Ich habe auch immer mal wieder was in die Richtung gedacht. Ende der Teenagerzeit, Anfang 20 hab ich auch Tarot, Pendel und Kristalle ausprobiert, aber das war eher so „Man sah und las es überall und es war „cool““, also hab ich es auch machen wollen. Seit einigen Jahren würde ich aber schon sagen, dass es gewisse „unerklärbare“ oder „unantastbare“ Dinge gibt, an die ich „glaube“. Wobei „Glaube“ auch fast das falsche Wort ist. Mit der religiösen Interpretation kann ich nichts anfangen, da gehe ich d’accord mit der Wissenschaft. Aber dass wir nur ein Bruchteil des großen Ganzen sind, davon bin ich überzeugt. Auch, dass es so etwas wie Intuition gibt, auf die man hören sollte, auch wenn es schwer fällt. Ein Mondkind bin ich sowieso, könnte mich hinsetze und ihn die ganze Nacht anschauen und sicherlich beeinflusst er mich (oder uns alle) auch irgendwie.
Die Energie der Kristalle kommt bei mir leider nicht an, was ich sehr schade finde, da ich den Gedanken dahinter sehr gut finde. Aber da habe ich immer mal wieder was versucht und keinen Effekt/Veränderung/Gefühl für gehabt.
Ich habe mir das „Everyday Magic“ Buch mal notiert und werde es mir genauer ansehen. Das klingt interessant.
Danke für den Beitrag und das offene Besprechen eines Themas, das eben doch anecken kann.
Liebe Grüße,
Sandra
Liebe Sandra,
vielen lieben Dank für deine Nachricht hier und deine Worte dazu, Es freut mich sehr. Ich hab das mit den Buchtipps gerade an unterschiedlichen Rechnern getestet uns sie gesehen. Sag aber gerne Bescheid, wenn es bei dir wirklich nicht klappt und ich sende sie dir per Mail oder anderweitig zu.
Ganz liebe Grüße
Petzi
Guten Morgen, liebe Petzi,
was für ein wunderbarer Artikel! Danke, dass du so schön über gelebte Spiritualität schreibst. Das Buch von Svenja Gräfen liegt hier auf meinem SuB und ich werde es demnächst lesen. jetzt hast du mich noch neugieriger darauf gemacht.
Ich selbst würde mich auch als Spirituell, vielleicht sogar ein bisschen esoterisch, aber nicht übertrieben bezeichnen. Es passt halt gut in meinen Alltag. Karten habe ich eine Zeitlang selbst gelegt und es hat Spaß gemacht. Aber ich habe nicht irgendwie verbissen nach den Karten gelebt. Ich persönlich glaube an eine höhere Macht (Gott, Allah, Jehova, wie auch immer man soie nennen möchte), ich denke, dass es, egal woran wir glauben alles ein und dieselbe Macht ist. Ich glaube aber auch daran, dass Energie in alles und jedem steckt. Gerade nach einem stressigen tag bin ich auch ein freund davon, unter der Dusche alles abzuspülen. Außerdemist es mir wichtig, meine Brille täglich unter fließendem Wasser zu reinigen. Ich weiß nicht genau, ob es so ist, aber ich habe das Gefühl, dass darüber auch Energie aufgenommen wird.
Ich wünsche dir eine schöne Restwoche
LG
Yvonne
Liebe Yvonne,
vielen lieben Dank für deine Nachricht. Ich finde, dass du das ganz toll beschrieben hast. Am Ende muss jeder mitnehmen, was er für richtig und gut erachtet. Ist ja doch ganz individuell.
Zum Buch von Svenja Gräfen: Das ist weniger spirituell, aber da ich sie im Beitrag zitiert habe und es auch sonst ganz gut finde, habe ich es als Buchtipp aufgeführt. 🙂
Ganz liebe Grüße
Petzi
Auch ich bezeichne mich nicht als gläubig. Meine Frau auch nicht, allerdings hat sie es mit Hexen. Dabei hat dies nichts mit den Hexen aus irgendwelchen Märchen zu tun. Es gehört zur Esoterik würde ich sagen. Seitdem ich sie kenne, habe ich mich dabei erwischt, wie ich diesem Thema offener gegenüberstand.