Es passiert wirklich selten, dass ich ein Buch an einem Stück lese ohne auch nur einmal Pause zu machen. Hier war das der Fall. Franka Frei schreibt so mitreißend und direkt. Ich war zwischenzeitlich regelrecht wütend über all die Ungerechtigkeiten. Ungerechtigkeiten, die alle menstruierenden Personen betreffen.
Eine absolute Leseempfehlung für dieses Buch
Die Menstruation ist größtenteils ein absolutes Tabu-Thema. Wir umschreiben sie mit komischen Begriffen wie „Erdbeerwoche“ oder „Tante Rosa“, reden ungern darüber und schon erst recht nicht in der Öffentlichkeit. Sie ist eine faszinierende Körperfunktion, absolut normal und gilt dennoch als großes Tabu. Das hat nicht nur weitreichende Konsequenzen für die Umwelt, sondern auch für Wirtschaft und Geschlechtergleichstellung. Wieder einmal.
Also Franka Frei begann dieses Buch zu schreiben war es tatsächlich auch noch so, dass Hygieneartikel wie Tampons mit dem erhöhten Mehrwertsteuersatz von 19% besteuert wurden. Glücklicherweise gehört dies mittlerweile der Vergangenheit an. Das ist aber nur ein wirklich positiver Punkt, der sich seitdem ergeben hat. An allen anderen Fronten sieht es nicht so gut aus. Die Autorin reiste für dieses Buch auch in andere Länder dieser Welt, in denen die Zustände weit katastrophaler sind wie hier in Deutschland.
Die Problematik im Umgang mit der Menstruation reicht weit zurück. In allen religiösen Schriften wird die Menstruation als etwas negatives oder gar Böses angesehen und auch so beschrieben. Selbstverständlich von Männern, die nie selbst menstruiert haben. Die Bibel ist dabei tatsächlich am krassesten. Hier heißt es im 3. Buch Mose, Kap. 15, Vers 19ff: „Wenn eine Frau Ausfluss hat, und zwar den Blutfluss ihres Fleisches, so soll sie sieben Tage lang in ihrer Unreinheit verbleiben. Wer sie berührt, ist unrein bis zum Abend. Alles, worauf sie sich in diesem Zustand legt, ist unrein; alles, worauf sie sich setzt, ist unrein.“
Ganz so übertrieben ist es heute vielleicht nicht mehr, aber ihren negativen Touch hat die Menstruation nie wirklich verloren. Ich kann mich selbst noch an meine Jugend erinnern, wenn man peinlich berührt war, wenn es mal wieder losging. Schrecklich peinlich, wenn man gar eine andere Frau nach einem Tampon fragen musste oder sich Tampons kaufen sollte. Dabei gibt es für all das gar keinen Grund. Hast du dich schon einmal gefragt, weshalb in den Werbespots für Binden und Tampons blaue Flüssigkeit verwendet wird, welche die optimale Saugkraft der Produkte demonstrieren soll? Wer hat schon einmal blaues Periodenblut gesehen? Anscheinend undenkbar die Menschen (wahrscheinlich Männer) mit Tatsachen zu konfrontieren, obwohl es jeder zweite Mensch (in der Regel) monatlich einmal selbst erlebt.
In Ländern wie Indien sieht das Ganze noch viel schlimmer aus. Hier brechen Mädchen teilweise die Schule ab, sobald die Periode einsetzt, können sich aufgrund der Armut oft auch gar keine Hygieneartikel leisten. Ganz zu schweigen von der Entsorgung eben dieser, die massiv die Umwelt belastet, weil diese heimlich in irgendwelchen Toiletten oder Büschen verschwinden muss. Dies ist aber natürlich ebenso ein westliches Problem. Frauen, die mit starken Periodenschmerzen zu kämpfen haben, werden zudem häufig nicht ernst genommen. Wie oft hört man von Männern den Spruch „die hat wohl ihre Tage“, wenn sie nicht die Antwort bekommen, die sie erwarten.
„Forschungen beweisen: Wenn ein Mädchen* mit einer schlechten Erwartungshaltung oder Vorstellung von der Menstruation aufwächst oder die erste Periode mit problematischen Erinnerungen wie Peinlichkeit, Scham, Angst oder körperlichen Schmerzen in Verbindung steht, so ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass die eigene Menstruation auch später als deutlich beschwerlicher empfunden wird.“ (S. 186)
Franka Frei hat hier viele wichtige Punkte zusammengefasst, über die ich vor diesem Buch so nie nachgedacht habe, die aber natürlich trotzdem da sind. Sie schreibt auch: „Sexismus und jede andere Form von Diskriminierung als strukturelles Problem sichtbar zu machen, funktioniert nur dann, wenn wir anfangen, darüber zu reden – und auch den gesellschaftlichen Umgang mit der Periode als Problem anzuerkennen.“ Da bin ich ganz bei ihr. Ein unglaublich wichtiges und augenöffnendes Buch.
Fazit
Dieses Buch ist so spannend und gut geschrieben, dass es ganz leicht fällt es nicht mehr aus der Hand zu legen. Für mich eine Pflichtlektüre für jede menstruierende Person und eine echte Empfehlung.
Periode ist politisch von Franka Frei – Heyne Verlag – 256 Seiten – ISBN 978-3-453-27265-1 – Hardcover – 18,- Euro
3 Kommentare
Danke für diesen Bericht. Finde es großartig das Franka Frei über dieses Tabu Thema so offen und ehrlich schreibt. Werde mir das Buch aufjedenfall kaufen.
[…] 7% MwSt ausgezeichnet! Periode ist ein Politikum geworden. Periode ist etwas, das nach wie vor oft rückwartsgewandt und sexistisch betrachtet wird. Es liegt – auch – an uns Menstruierende*n, dieses Tabu zu […]
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