‘Wie Sie mit Job Crafting Ihre Arbeit wieder lieben lernen’ von Ragnhild Struss

Gib deinem Job eine zweite Chance

von Petzi

Buch liegt auf einem Tisch.Vor Monaten habe ich rein aus Interesse meine Instagram-Community gefragt, wie zufrieden sie mit ihrem Job ist. Eine deutliche Mehrheit war es leider nicht. Diese Umfrage ist sicher nicht representativ, zeigt aber dennoch einen deutlichen Trend. Denn auch Studien verraten, dass nicht einmal ein Drittel der Arbeitnehmer glücklich mit der eigenen beruflichen Siuation ist. Viele langweilen sich sogar bei der Arbeit, sind unterfordert oder können eigene Stärken und Fähigkeiten nicht wirklich einbringen. Hier kann Job Crafting helfen.

Ragnhild Struss, die die Berufs- und Karriereberatungsagentur Struss & Claussen gegründet hat, berät viele Menschen dabei, sich selbst besser zu verstehen und damit einhergehend auch die berufliche Situation zu ändern. Denn nur wenn die Job- und Lebensentscheidungen im Einklang mit der eigenen Persönlichkeit stehen, kommt auch Erfolg. Struss ist hiervon sogar überzeugt. Sie sagt: „Erfolg kommt von Erfüllung und nichts macht glücklicher und erfolgreicher, als ein authentisches Leben zu führen und persönlich sowie professionell zu wachsen.“

„Beruflich zufriedene Menschen schlafen besser, leben gesünder, können die Aktivitäten in anderen Lebensbereichen mehr genießen und sind insgesamt glücklicher.“

Wie Job Crafting helfen kann

Hinter dem Begriff „Job Crafting“ verbirgt sich ein Konzept aus der Arbeits- und Wirtschaftspsychologie. Der Ansatz ist, seine Arbeit so zu gestalten oder zu verändern, dass sie sehr gut zur eigenen Person und zur aktuellen Lebenssituation passt. Kleine Anpassungen können teilweise schon helfen, um den eigenen Job besser auf die Persönlichkeit abzustimmen. Zudem ist Job Crafting aber auch eine Erinnerung daran, dass wir selbst die Verantwortung für das eigene Wohlbefinden bei der Arbeit übernehmen sollten.

In ihrem Buch schreibt Ragnhild Struss sehr ausführlich darüber, welche Möglichkeiten Job Crafting bietet und wie es gelingt. Denn nicht immer ist eine Kündigung die beste Lösung. Sie lässt dabei aber natürlich auch nicht außer acht, dass es manchmal Situationen gibt, in denen Job Crafting an seine Grenzen gerät und es durchaus sinnvoller ist, das Unternehmen zu verlassen und den Job zu wechseln.

Was bedeutet Arbeitszufriedenheit?

Es macht sich auf ganz verschiedene Weise bemerkbar, wenn uns unsere Arbeit zufrieden macht. Hier einige der Faktoren:

  • Wir äußern uns wohlwollend über unsere Tätigkeit, unser Unternehmen und das Miteinander am Arbeitsplatz.
  • Wir haben geringe Fehlzeiten, seltene berufliche Wechsel, hohes Engagement, gute Zusammenarbeit mit Kolleg:innen und eine offene, zugewandte Körpersprache.
  • Unsere Arbeitszufriedenheit wird gesteigert durch Anerkennung, persönliches Wachstum, Verantwortung, bedeutsame Beziehungen oder dem Gefühl, dass unser Job Sinn macht.
  • Strukturelle Bedingungen wie gute Arbeitszeiten, Flexibilität in der Tätigkeitsausübung, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und Aufstiegschancen tragen maßgeblich zum Wohlbefinden bei.
  • Es gibt zudem auch Faktoren, die erfüllt sein müssen, damit wir nicht unzufrieden sind, die aber im Umkehrschluss auch nicht unbedingt zu hoher Zufriedenheit führen müssen. Diese sind beispielsweise das Gehalt, die Arbeitsplatzsicherheit, gesunde soziale Beziehungen oder physisch angenehme Arbeitsbedingungen.

Das Maß unserer Zufriedenheit ergibt sich aus der Formel „Realität minus Erwartungen“. Wenn wir hohe Ansprüche und große Hoffnungen haben und die berufliche Situation das gar nicht hergibt, gerät unsere Zufriedenheit ins Minus. Wenn wir jedoch das Gefühl haben, dass unsere Erwartungen erfüllt sind oder sogar noch übertroffen werden, dann stellt sich ein positives Gefühl ein. Job Crafting kann im ersten Fall ansetzen und dabei helfen sich wieder selbstbestimmt und kraftvoll zu fühlen und dem eigenen Job Bedeutung beizumessen.

Aber auch das Arbeitsklima ist ein wichtiger Faktor. Im Idealfall herrscht eine positive Atmosphäre, in der alle offen, respektvoll und wohlwollend miteinander kommunizieren. Wenn man über verschiedene Hierarchieebenen hinweg aufrichtig miteinander agiert und eine Kultur gelebt wird, die von Vertrauen und Transparenz geprägt ist.

Kennst du deine Werte?

Wir haben alle unterschiedliche Werte und Dinge, die uns besonders wichtig sind. Leben wir dauerhaft gegen unsere eigenen Werte, senkt dass die Zufriedenheit enorm. Ist uns beispielsweise Nachhaltigkeit sehr wichtig, werden wir auf die Dauer nicht in einem Unternehmen glücklich, dass sich dafür überhaupt nicht einsetzt. Deshalb ist es auch im Job wichtig hier genau hinzuschauen. Wenn die Tätigkeit auf unsere Stärken und Fähigkeiten abgestimmt ist, wenn wir uns aufgehoben und zugehörig fühlen und unsere eigenen Werte widergespiegelt oder zumindest nicht verletzt werden, dann passt ein Job besonders gut.

„Wer im Job authentisch sein kann, dafür Anerkennung erfährt und damit Erfolg hat, erlebt eine sehr gute Job-Person-Passung und ist dementsprechend zufrieden im Beruf.“

Je authentischer, desto glücklicher

Authentisch kann man Menschen bezeichnen, die echt, glaubwürdig, unverfälscht und im Einklang mit sich selbst sind. Kriterien von Authentizität sind Selbstbewusstsein und Selbstakzeptanz. Ein authentischer Mensch kennt sich selbst und nimmt sich als die Person an, die er ist. Er ist mit sich verbunden, kann eigene Emotionen und Gedanken, Wünsche und Bedürfnisse spüren und hat die Fähigkeit diese auch zu artikulieren bzw. dafür zu sorgen, dass diese in Erfüllung gehen. Er kennt seine Werte und Überzeugungen und richtet die eigene Lebensgestaltung danach aus. Entscheidungen können nach außen vertreten werden, auch dann, wenn man möglicherweise mit Widerständen konfrontiert wird.

Authentizität hat viele Vorzüge. Wer sich annimmt, wie sie ist, befindet sich nicht in einem ständigen Kampf mit unliebsamen inneren Anteilen und verspürt seltener das Bedürfnis, sich zu verbiegen, zu rechtfertigen, zu entschuldigen oder zu relativieren.

Wenn wichtige Teile deiner Persönlichkeit im Job keinen Ausdruck finden, dann wäre das dauerhaft schwierig. Eine hohe Übereinstimmung versorgt uns zugleich mit Energie. Bist du beispielsweise eine sehr kreative Person, die voller Ideen steckt, dein Job aber hauptsächlich administrative und redundante Tätigkeiten verlangt, führt das langfristig zur Unzufriedenheit. Struss schreibt in ihrem Buch: „Besonders im Beruf besteht die Gefahr, dass wir über den Versuch, einer unpassenden Rolle zu entsprechen, in eine Diskrepanz von gelebtem Alltag und eigenem Wesenskern geraten. Damit verbunden ist eine Abwärtsspirale von Erschöpfung und unangenehmen Emotionen.“

Viele Menschen sind in den Automatismen eines unauthentischen Berufsalltags gefangen und funktionieren nur noch. Indem wir uns dessen Bewusst werden ist der erste Schritt getan. Nimm wahr, welche Zeichen auf deine unauthentische Rolle hinweisen. Es ist nämlich nicht normal, dass die Arbeit uns dauerhaft auslaugt.

Ist mein Job der richtige?

Wenn Leben nicht authentisch gelebt wird, macht es sich irgendwann bemerkbar. Zuerst durch ein ganz leises Gefühl von Unzufriedenheit. Wenn wir hier nicht hinhören, werden die Zeichen jedoch deutlicher. Du spürst vielleicht ein Gefühl von innerer Zerrissenheit und weißt, dass hier „irgendwas nicht stimmt“.

Zeichen, die darauf hindeuten können, dass der Job nicht zur Person passt sind zum Beispiel folgende:

  • Overthinking: Wenn wir übermäßig über den Job Nachdenken, ist das bereits ein erstes Anzeichen von Unzufriedenheit. Unser Denken gerät außer Kontrolle und beeinflusst, ob wir gute Entscheidungen oder Lösungen finden können. Wir haben den Kontakt zu uns selbst verloren und zweifeln, weil wir keine innere Referenzgröße für unsere Entscheidung finden. Beispiele: „Vielleicht war es doch nicht so gut, dass…“, „Vielleicht hätte ich lieber…“, „Was wäre, wenn ich mich doch auf einen anderen Job beworben hätte?“
  • „Ich doch nicht!“: Wir alle nutzen Abwehrmechanismen, um die Folgen von Nicht-Authentizität auszugleichen. Damit bauen wir Stress ab, stellen mentale Balance her und vermeiden unangenehme Emotionen. Meist ganz unbewusst schützen wir uns damit vor schmerzhaften Gefühlen, indem wir eine Situation „alternativ“ wahrnehmen. Beispiele: Bei der „Verschiebung“ wird die eigene Unzufriedenheit z.B. am Partner oder den Kindern ausgelassen. Das ist häufig auch der Grund, weshalb es zu einer Verschlechterung der privaten Lebensqualität kommt. Bei der „Projektion“ werden eigene Denk- oder Verhaltensweisen auf andere Personen übertragen. Der Schlüssel zum Umgang damit liegt in der Empathie gegenüber sich selbst. Frage dich, warum dich ein bestimmtes Verhalten so sehr triggert. Vielleicht ist die Wut auf die selbstwertstarke Kollegin ein Hinweis auf den Wunsch, die eigene Dominanz zu entwickeln und damit z.B. in Meetings mehr Gehör zu bekommen und sichtbarer zu werden. Bei der „Abwertung“ fokussiert man sich bei anderen lediglich darauf, was nicht erstrebenswert oder noch nicht gut genug ist. Abwertung ist ein Abwehrmechanismus für die eigene Unzulänglichkeit und häufig versteckt sich dahinter ein Gefühl, dass die wenigsten gerne spüren oder sich eingestehen wollen: Neid.
  • Selbstsabotage: Wenn eine Person ihren beruflichen Erfolg, die Entwicklung von Fähigkeiten oder die Möglichkeit von Beförderungen oder Gehaltserhöhungen durch eigene Verhaltensweisen untergräbt. Zeichen können sein: Vermeidung von Verantwortung, Prokrastination, negative innere Dialoge, mangelnde Initiative, übermäßiges Konkurrenzdenken.
  • Dienst nach Vorschrift: Je unglücklicher man im Job ist, desto weniger engagiert und leistungsfähig kann man agieren. Wenn man sich mental und emotional von der Arbeit zurückzieht, Leidenschaft und Motivation verloren hat und lediglich das Nötigste tut, spricht man auch von „stiller Kündigung“. Das kann bei Burn-out der Fall sein, aber auch bei Menschen die nicht intrinsisch motiviert waren, sondern z.B. nur durch den Aufstieg auf der Karriereleiter angetrieben wurden. Wenn das Ziel erreicht ist, fehlt die Motivation noch weiter zu machen.

„Andere abzuwerten, schlechtzureden oder über sie zu lästern, ist ein deutliches Zeichen für eigene Unzufriedenheit.“

Unangenehme Gefühle bei der Arbeit

Ragnhild Struss ist überzeugt davon, dass unangenehme Gefühle wie Angst, Trauer, Wut, Scham, Neid, Ungeduld oder Einsamkeit im Job nicht dazugehören. Zumindest nicht langfristig. Diese Gefühle sollte man ebenso wenig ignorieren, wie eine Warnanzeige im Auto. Schau also genau hin, wenn das bei dir zutrifft.

Veränderungen sind manchmal gar nicht so leicht

Es steht außer Frage, dass wir uns alle Zufriedenheit und Erfüllung im Job wünschen. Aber dennoch nehmen viele von uns Unzufriedenheit sehr lange in Kauf und unternehmen nichts. Häufig lautet die Antwort: „Ja, aber…“ mit vielen verschiedenen Ausführungen. Wir sind gut darin Ausreden zu finden, weshalb eine berufliche Veränderung nicht möglich ist. Die zwei Hauptursachen sind die Macht der Gewohnheit und verschiedenste Ängste.

Wir tragen das Bedürfnis nach Sicherheit und Stabilität in uns, was nicht zu Veränderung passt. Routinen und Vorhersehbarkeiten wirken beruhigend auf uns, da wir besser einschätzen können, was uns erwartet und mit welchen Konsequenzen wir rechnen müssen. Spannenderweise ist die Angst vor dem Unbekannten größer, als die Angst vor dem Unangenehmen. Natürlich einfach zu erklären. Wenn wir gewohnten Aufgaben und Routinen nachgehen, wird unser Gehirn entlastet und verbraucht weniger Energie.

Die Autorin schreibt dazu: „Das „Ja, aber…“ der Angst hat viele Gesichter, eines ist die unsichere Zukunft. Die Menschen, die unter dieser Angst leiden, fragen sich, ob in Zukunft wirklich alles besser wird. Ob es sich überhaupt lohnt, den ganzen Aufwand zu betreiben, oder ob die Zufriedenheit im neu gestalteten Job nicht am Ende genau die gleiche wäre. Auf diese Fragen finden sie aus zwei Gründen keine Antwort. Erstens haben sie die Erfahrung des Unbekannten noch nicht gemacht und können sie deshalb gar nicht bewerten. Zweitens führen „Ob“-Fragen immer in die gedankliche Sackgasse, denn auf diese Frage gibt es nur zwei Antworten, nämlich „Ja“ oder „Nein“. Da unser Gehirn aber kein Orakel ist, kann es nicht eigenständig erörtern, „ob“ etwas gut werden wird oder nicht. Klare Denkaufträge helfen hingegen, kreativ nach Lösungen zu suche, beispielsweise durch eine „Wie“-Frage: Wie könnte ich in Zukunft zufriedener sein?“

Einer der größten Verhinderer beruflicher Veränderungsprozesse ist die Sorge vor dem Urteil anderer. Gerade People Pleaser haben vielleicht Entscheidungen getroffen, die von wichtigen Bezugspersonen maßgeblich beeinflusst und für gut befunden wurden. Sie waren damit eher reaktiv als aktiv und fürchten sich vor Ablehnung, wenn sie nun nach ihrer eigenen Stimme handeln. Wenn du dich zum Thema People Pleasing noch näher informieren möchtest, dann kann ich dir dieses Buch sehr ans Herz legen. Struss schreibt: „Wenn ihre Identität zu großen Teilen darauf aufgebaut ist, in den Augen der anderen einen guten Eindruck zu machen, kommt es ihnen zu anstrengend vor, den gegenwärtigen Zustand „unnötig“ durcheinanderzubringen und dadurch Aufsehen zu erregen.“

Gib deinem Job eine zweite Chance

Wenn du auch zu denen gehörst, dir nicht so ganz zufrieden sind mit ihrem Job, dann kann ich dir dieses Buch wirklich nur empfehlen. Mit vielen hilfreichen Fragen, Tools und spannenden Gedanken schafft es die Autorin, dass man sich selbst hinterfragt und den eigenen Job, Fähigkeiten und Stärken nochmals genau reflektiert. Die Arbeit mag nicht immer einfach sein, lohnt sich aber dennoch sehr. Nicht nur im Hinblick auf die berufliche Entwicklung, sondern auch für sich persönlich. Das Buch ist für alle spannend, die sich für diese Thematik interessieren und ganz sicher auch für Menschen aus dem Personalwesen oder Businesscoaches. Ich habe es sehr gerne gelesen und kann es absolut empfehlen.

Wie Sie mit Job Crafting Ihre Arbeit wieder lieben lernen von Ragnhild Struss – Gabal Verlag – 200 Seiten – ISBN 978-3-96739-161-9– Paperback – 25,- Euro – hier kaufen*

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