‚Sie hat Bock‘ von Katja Lewina

Es ist mir jetzt schon öfter passiert, dass ich ein Buch unbedingt lesen wollte, weil ich zuvor in einem Podcast davon gehört habe. So auch hier. Katja Lewina schreibt in „Sie hat Bock“ schonungslos ehrlich über weibliche Sexualität, ihr gelebtes Beziehungsmodell und scheinbaren Tabuthemen. Ziemlich amüsant, unterhaltsam und genial. Im Klappentext heißt es: „Lewina führt die Debatte über weibliches Begehren fort und erforscht entlang ihrer eigenen erotischen Biografie, wie viel Sexismus in unserem Sex steckt. Kindliche Masturbation, Gynäkolog*innenbesuche, Porno-Vorlieben oder Fake-Orgasmen: Kein Thema ist ihr zu intim. Und nichts davon so individuell, wie wir gern glauben. Aber die Krusten unserer Sozialisation lassen sich abkratzen! Und so ist Sie hat Bock mehr Empowerment als Anprangern, mehr Anleitung zur Potenz als Opferdenke. Denn nach der Wahrnehmung von Ungerechtigkeiten und Tabus ist es an der Zeit, den Weg zur Selbstermächtigung einzuschlagen.“

Sie hat Bock

Ich lasse mich eigentlich in den seltensten Fällen von der Optik beeinflussen, aber ich muss unbedingt darauf hinweisen, dass das Buch an sich schon große Kunst ist. Unter dem Schutzumschlag gibt es ziemlich viel zu entdecken und auch Selbiger ist optisch ein Eyecatcher. Ich habe aber nicht nur deshalb danach gegriffen, sondern weil ich unbedingt auch lesen wollte, was Katja über Sexualität schreibt.

Das Buch reiht sich in die aktuelle Liste der feministischen Bücher ein. Lewina greift viele Tabuthemen auf und nimmt dabei kein Blatt vor den Mund. Natürlich ist hier nicht alles neu und noch nie da gewesen, aber mit ihren ehrlichen und schonungslosen Worten hält sie dem Leser auch mal wieder den Spiegel vor Augen. Warum sind Begriffe wie „Schlampe“ oder „Nutte“ noch immer ein Thema? Und warum müssen sich Frauen schämen? Warum ist die Periode unsexy und eklig? Viele Fragen, auf die Lewina in diesem Buch eingeht und sie zur Debatte stellt.

Ihre unglaubliche Authentizität hat mich ziemlich begeistert. Die Autorin erzählt hier aus ihrem eigenen Leben, von der Kindheit an und manche Erfahrungen kommen einem sicher selbst bekannt vor. Ziemlich früh wird die eigene Einstellung zum Körper geprägt und da begeistert es mich umso mehr, dass Lewina auch ihren eigenen Kindern gegenüber diese unglaubliche Selbstverständnis lebt.

Ich habe ihren Schreibstil sehr gefeiert. Offen, ehrlich, direkt, aber auch humorvoll. So, als würde man gerade mit einer guten Freundin quatschen. So oft habe ich ihr zugestimmt, ganz oft mit dem Kopf genickt und hatte danach das dringende Verlangen es ganz vielen Freundinnen zu schenken. Und mitnichten ist dieses Buch nur für Frauen gedacht. Auch Männer können sehr von der Lektüre profitieren. Davon bin ich überzeugt. Es ist ein Aufruf für einen respektvollen Umgang miteinander, eine Einladung, um einvernehmlich Spaß zusammen zu haben, aber auch Grenzen zu respektieren.

Die Autorin selbst lebt ein offenes Beziehungsmodell, was sicherlich nicht für jeden eine echte Option ist. Es war aber durchaus spannend, zu lesen, welche neuen Möglichkeiten und Chancen sich ergeben haben und wie ihre Ehe durch diese Offenheit letztlich gerettet werden konnte. Kommunikation ist auf so vielen Ebenen das Zauberwort.

Fazit

Ein ganz starkes Buch, das dazu einlädt sein eigenes Handeln zu hinterfragen und durchaus kritisch zu reflektieren, ob man manche Denkmuster vielleicht auch selbst übernommen hat. Ein Plädoyer für eine freie weibliche Sexualität und ganz große Unterhaltung. Große Empfehlung!

Sie hat Bock von Katja Lewina – Dumont Verlag – 224 Seiten  – ISBN 978-3-8321-8117-8  – Hardcover – 20,- Euro