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Tanja Weber war Theaterdramaturgin, Drehbuchautorin fürs Fernsehen und arbeitet jetzt als Schriftstellerin. 2011 erschien ihr erstes Buch ‚Sommersaat‘, das auch für den Glauser-Preis nominiert war. Unter ihrem Pseudonym Judith Arendt veröffentlichte sie bei Ullstein die Reihe um die Schöffin Ruth Holländer. In diesem Jahr erschien bereits der zweite Teil ‚Sündenbock‘. Im Januar 2016 erscheint ‚Die Frauen meiner Familie‘ bei Droemer Knaur. So war es also unbedingt notwendig, mich mit dieser sympathischen Autorin zu unterhalten. Ganz nebenbei verlose ich auch noch einmal ihr aktuelles Buch ‚Sündenbock‘. Wer meinem Blog folgt, der weiß, dass ich die Autorin sehr gerne lese und die Bücher eine echte Empfehlung sind.
Liebe Tanja, mit „Sündenbock“ ist vor kurzem dein zweiter Krimi rund um die Schöffin Ruth Holländer erschienen und er ist genauso spannend, wie bereits der erste Teil. In deinen ersten Büchern spielt ein Postbote die Hauptrolle, hier ist es eine Schöffin. Wie kam die Idee, diese Figuren zu erschaffen und warum lässt du nicht ganz klassisch beispielsweise einen Kommissar ermitteln?
Zunächst einmal Danke, dass Du die Bücher magst und sie spannend findest.
Ich bin durch reinen Zufall zum Schreiben gekommen. Und als es dann soweit war, dass ich über ein Buch nachgedacht habe, habe ich mich nicht so richtig an „echte“ Literatur getraut, sondern bin erst einmal auf ein Genre, also Krimi ausgewichen. Ich dachte, das ist einfacher. Allerdings merke ich, je mehr ich schreibe, dass für mich der Crime Plot gar nicht so im Vordergrund steht. Ich schwadroniere eigentlich ganz gerne, erzähle eine Geschichte hier, eine Geschichte dort. Die Figuren stehen absolut im Vordergrund. Wenn mir jemand schreibt, dass er sofort wusste, wer der Täter ist, denke ich manchmal: na und? Hoffentlich hast du das Buch trotzdem gemocht. Ich bin also keine Krimi-Autorin, wie sie im Buche steht. Im Übrigen ist mein neues Tanja Weber Buch (erscheint im Januar bei Droemer) kein Krimi. Wer weiß, vielleicht geht die Reise ja auch weg vom Krimi?!
Ich lege außerdem großen Wert auf Authentizität. Und das würde bedeuten, dass ich in den Polizeialltag richtig eintauchen und viel recherchieren muss, wenn ich einen Kommissar als Ermittlerfigur hätte. Und das interessiert mich gar nicht so sehr. Bei Ruth liest man es ja auch heraus: ihre Kinder, ihr Bistro, die Freundschaft zu Jamila, die neue und die alte Liebe – all das nimmt großen Raum ein, weil es mich genau so interessiert wie der Kriminalfall.
Diese Figuren, die nicht aus dem Polizeialltag stammen, sind aber auch eine Gefahr. Dass ein Briefträger fortgesetzt in seinem Alltag mit Verbrechen zu tun hat, ist irgendwann ziemlich unglaubwürdig. Das wird irgendwann „Miss Marplelesk“. Obwohl, ein dritter Fall wäre mir noch eingefallen … 🙂
Du wohnst selbst in München, wählst als Schauplatz jedoch Berlin, wo du geboren bist. Welche Stadt gefällt dir persönlich besser und warum spielt das Buch nicht in München?
Ich bin tatsächlich eine Wandlerin zwischen den Welten. Ich bin in Berlin geboren, meine ganze Familie stammt seit Generationen aus Berlin. Als ich vier war, sind meine Eltern beruflich bedingt nach München gezogen. Ich bin hier zur Schule gegangen und hatte nach dem Abi den dringenden Wunsch: nur weg aus der bayerischen Spießigkeit! Ich bin nach Kreuzberg gezogen, dann nach Mitte, Prenzlauer Berg, Pankow, 23 Jahre lang Berlin pur – bis ich Sehnsucht nach meiner anderen Heimat hatte. Die ich heute als gar nicht mehr spießig wahrnehme, ganz im Gegenteil. Mein neues Buch („Die Frauen meiner Familie“, s.o.) ist eine Liebeserklärung an München! Ich liebe beide Städte. Im Moment ist es toll, wieder dahoam zu sein – aber wer weiß, wie lange? Mit Ruth Holländer schreibe ich mir auch ein bisschen die Sehnsucht nach Berlin von der Seele.
Kannst du zum gegenwärtigen Zeitpunkt schon verraten, ob du bereits an einem neuen „Fall“ für Ruth Holländer schreibst oder an einem anderen Buch arbeitest?
Ja, das verrate ich dir gerne, auch wenn es etwas traurig ist. Der Ullstein Verlag ist nicht überzeugt von der Schöffin. 14.000 verkaufte Exemplare von „Unschuldslamm“ waren wohl nicht befriedigend. Da ich aber ganz gut beschäftigt bin – im Moment schreibe ich meinen zehnten Roman, ein neues Marie-Matisek-Buch – und auch wieder als Tanja Weber veröffentlichen werde, lege ich die gute Ruth schweren Herzens auf Eis. Ich werde erst einmal abwarten, ob das mit der Verfilmung klappt (Unschuldslamm soll 2016 gedreht werden und ins Fernsehen kommen) und meine anderen Verträge erfüllen. Im Frühling 2016 denke ich darüber nach, ob es mit Ruth in einem anderen Verlag weitergeht.
Judith Arendt ist ja eigentlich nur ein Pseudonym von dir. Du hast bereits zuvor unter deinem eigentlichen Namen Tanja Weber Krimis veröffentlicht. Was fasziniert dich an dem Genre? Könntest du auch den klassischen Frauenroman oder muss immer eine Prise Mord mitspielen?
Ups, jetzt habe ich die Frage schon weiter oben mitbeantwortet 🙂
Nein, ich habe mit Krimi angefangen, muss das aber nicht unbedingt immer machen. Der klassische Frauenroman ist allerdings auch nicht so richtig etwas für mich. Also nur Liebe. Nee… Große Vorbilder von mir sind Elizabeth Strout, Kate Atkinson oder J.C. Sullivan – wenn ich mich dahin entwickeln könnte und auch dürfte, wäre ich sehr, sehr glücklich!
Dein Mann Gregor Weber ist selbst Autor und spielte auch schon als Hauptkommissar im saarländischen Tatort. Ist das für deinen Job als Krimiautorin bereichernd? Liest er deine Bücher vorab als Kritiker?
Wir lesen uns immer gegenseitig! Keiner von uns gibt auch nur eine Seite weiter, bevor der andere das nicht gelesen hat!
Ja, wir haben beide immer gerne Krimis gelesen (tun wir noch) und ich bin immer total baff, was Gregor alles über Polizeiarbeit weiß, das hilft mir natürlich sehr. Er hat auch als Schauspieler immer Wert darauf gelegt, dass alles realistisch ist und sehr viel Kontakt zu Polizeibeamten gehabt. Davon profitieren wir natürlich beide.
Du warst erst Theaterdramaturgin, dann Drehbuchautorin fürs Fernsehen und schreibst jetzt Romane. Gefällt dir dieser Werdegang? Wolltest du schon immer Bücher veröffentlichen oder hattest du in deiner Jugend ganz andere Pläne?
Ah! Jetzt kann ich die Anekdote auch erzählen, wie ich zum Schreiben kam! 🙂
Nein, Schreiben hatte ich nie auf dem Schirm. Aber ich habe mir als Kind schon gerne Geschichten ausgedacht und auch geschwindelt, vielleicht war das ja ein Fingerzeig. Zum Theater wollte ich. Zuerst war Maskenbildnerin mein Traum, aber dann ist es, zum Glück, anders gekommen. Das Theater war auch lange, lange mein Traumjob und ich bin überzeugt, dass mir heute der Umgang mit Dramen beim Schreiben hilft. Fernsehen war eigentlich weniger mein Ziel, aber mit Kindern geht Theater schlecht bis gar nicht und zu Hause Drehbücher schreiben, hörte sich ziemlich optimal an. Ich war ganz gut im Seriengeschäft und hätte damit wohl ewig weitergemacht, wenn nicht…
Eines Tages bei der Frankfurter Buchmesse. Mein Mann hat sein erstes Buch („Kochen ist Krieg“) dort vorgestellt und bei der Gelegenheit lernte ich auch seine Agentin Rebekka Göpfert kennen. Wir haben uns auf Anhieb verstanden und nach dem ersten Messe-Prosecco sagte sie zu mir: „Frau Weber, Sie sind so nett, Sie können doch bestimmt auch schreiben?!“ Ich habe vehement widersprochen, aber der Stachel saß. Schließlich habe ich ein Exposé und 50 Seiten geschrieben (zu „Sommersaat“) und ihr geschickt. Als sie sagte, dass sie das verkaufen kann, dachte ich – okay, versuchst du es mal. Ich war von der ersten Sekunde an infiziert, habe aber noch ca. zwei Jahre weiterhin fürs Fernsehen geschrieben, weil ich der Sache nicht getraut habe. Ich tue es übrigens heute noch hin und wieder.
Was fasziniert dich am Schreiben am meisten und woher nimmst du die Ideen für deine Bücher?
Das Schreiben ist Freiheit. Mehr muss ich nicht dazu sagen, oder?
Die Ideen kommen von überall. Je mehr ich schreibe, desto mehr Ideen kommen. Andere Schriftsteller inspirieren mich (neben den bereits oben erwähnten Damen z.B. T.C. Boyle), ich lese etwas in der Zeitung, hebe den Artikel jahrelang auf, plötzlich passt er zu einer anderen Geschichte. Menschen erzählen mir Dinge, ich erlebe selbst ab und an etwas (ja, kaum zu glauben) – das sind Mosaiksteine, die sich irgendwann zusammensetzen.
Du bist selbst ja Mutter und auch da hat man einige Verpflichtungen. Wie integrierst du das Schreiben in den Familienalltag. Nimmst du dir feste Schreibzeiten oder passiert das immer zu unterschiedlichen Zeiten und wenn es eben gerade passt?
Gut ist, dass ich schon mit dem Schreiben angefangen habe, als die Kinder da waren. Ich habe ja einen Beruf gesucht, der sich mit dem Familienalltag vereinbaren lässt und habe deshalb angefangen, fürs Fernsehen zu schreiben. Da waren die Kinder noch sehr klein und das diszipliniert: es geht nur, wenn sie im Kindergarten bzw. der Schule sind. Und so ist es heute, die Kinder sind 15 und 17, immer noch. Ich habe einen total festen Rhythmus, anders geht es nicht. Gassi, Schreiben, kochen. Am Nachmittag mache ich alles mögliche: Social Media, Recherche, Redigieren, Interviews, Buchhaltung. Also auch Arbeit, aber nichts wirklich Kreatives. Schreiben kann ich nur, wenn außer den Tieren niemand da ist.
Als Autor vernünftig von seinen Büchern zu leben wird besonders in Zeiten der E-Book Piraterie immer schwieriger. Was wünscht du dir für die Zukunft als Autorin und von der Verlagsbranche allgemein? Und liest du selbst eigentlich lieber E-Books oder das klassische Buch?
Vor drei Jahren haben mein Mann und ich uns entschieden, vom Schreiben zu leben. Jetzt muss ich sagen: es geht eigentlich nicht. Der Markt wird immer schneller und größer, das macht mir schreckliche Angst. Über Self Publishing kann ich gar nicht nachdenken, das kann ich nicht. Ohne Vorschuss kann ich kein Buch schreiben, wie gesagt, wir leben davon. Und mich strengt das ganze Marketing etc. total an und hält mich auch vom Schreiben ab. Jede Leserunde ist purer Stress, so lieb die LeserInnen auch sind. Das Karussell dreht sich heute viel zu schnell, man ist schnell oben – und dann auch wieder raus. Ich muss, um Schreiben zu können, im Flow sein und das heißt für mich, dass ich nichts anderes mache. Nur Familie. Ich kann dann nicht lesen, nicht ins Kino, nicht ins Theater gehen. Schreiben ist wie ein Sog, alles andere wird davon total absorbiert. Wenn man von mir verlangt, mich selbst zu vermarkten, schreibe ich irgendwann nicht mehr. Nur Lesungen – das liebe ich.
Von meinem Verlag wünsche ich mir Verlässlichkeit. Dass er mir zur Seite steht, mir den Rücken freihält. Mich unterstützt und fördert – und nicht plötzlich sagt: ach nee, wir wollen nicht mehr mit dir arbeiten, es stehen noch 1000 andere Bräute an der Straße.
E-Book-Piraterie ist hässlich, ich bin persönlich richtig beleidigt. Wer seine Autoren liebt, sollte doch auch verstehen, dass die davon leben! Aber ich finde es auch unschön, wie sehr nach gratis Büchern gegeiert wird – und dann werden die Bücher über Amazon wieder gebraucht verkauft. Manchmal habe ich allerdings auch den Verdacht, dass die Verlage die Preise für E-Books extra hoch ansetzen. Denn als Autor verdiene ich prozentual viel mehr am E-Book als am Print. Nur, dass sich die E-Books zu den hohen Preisen nicht verkaufen. Also kein Wunder, dass sich manche Leser mein Buch gratis herunterladen, anstatt 8,99 € dafür zu bezahlen.
Ich liebe das gebundene Buch. Allerdings kann ich mir nicht alles kaufen, was ich gerne lesen möchte, ich bin ein großer Fan von Bibliotheken. E-Books lese ich allerdings auch, im Urlaub ist das das Größte!
Vielen Dank, liebe Tanja, dass du mir deine Zeit geschenkt hast und für dieses sehr sympathische Interview zur Verfügung standest.
Wer Lust bekommen hat, jetzt auch einmal ein Buch von dieser wunderbaren Autorin zu lesen, sollte unbedingt an meinem Gewinnspiel teilnehmen. Ich verlose hier eine nagelneue Taschenbuchausgabe von ‚Sündenbock‘. Aber nicht nur dieses, sondern auch das Vorgängerbuch ‚Unschuldslamm‘ möchte ich jedem ans Herz legen. Teilnehmen könnt ihr bis Montag, den 25. Mai um Mitternacht, indem ihr einfach unter diesem Post kommentiert und ausdrücklich schreibt, dass ihr dieses Buch gerne gewinnen wollt. Allen Teilnehmern viel Glück.
Ein Jahr ist Ruth Holländer bereits Schöffin, aber dieses Ehedrama erschüttert sie besonders: Rentner Jürgen Dombroschke ist angeklagt, seine an Parkinson erkrankte Frau vergiftet zu haben. Ein deprimierender Fall, bei dem alles klar zu sein scheint. Doch Ruth spürt, dass ein Puzzleteil fehlt. Hin und her gerissen zwischen Schöffinnendasein und Privatleben, hört Ruth sich – gegen den Rat ihres Freundes, Staatsanwalt Hannes Eisenrauch – ein bisschen um. Auch in Dombroschkes Schrebergarten. Und entdeckt die dramatische Wahrheit …
Das Kleingedruckte: Das Gewinnspiel läuft bis zum 25. Mai um Mitternacht. Wer bis dahin teilgenommen hat, wandert automatisch in den Lostopf. Ausgelost wird dann mit random.org, der Gewinner wird ebenfalls hier unter diesem Post ab dem 26. Mai bekanntgegeben und hat eine Woche Zeit sich bei mir mit seiner Adresse zu melden. Andernfalls wird neu ausgelost. Mitmachen kann jeder Leser aus Deutschland, Österreich und der Schweiz, der Versand erfolgt auf meine Kosten. Werbung ist nicht notwendig, jedoch natürlich erlaubt. Die Teilnehmer müssen 18 Jahre alt sein. Andernfalls brauche ich die Einverständnis eurer Eltern. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen und eine Barauszahlung des Gewinns nicht möglich. Mit eurer Teilnahme erklärt ihr euch damit einverstanden.
8 Kommentare
Dein Interview ist toll geworden und sehr interessant gemacht!
Sündenbock habe ich auch schon gelesen und finde es ganz klasse! Kann ich nur jedem wärmstens empfehlen.
Liebe Grüße
sommerlese!
Hallo,
da würde ich gerne gewinnen. Wieder einmal ein spannender Einblick in das Leben einer Autorin. Tja, das Schriftstellerleben ist gar nicht so einfach. SÜNDENBOCK und UNSCHULDSLAMM, hervorragend gewählte Buchtitel und auch die Cover passen wunderbar zusammen.
LG,
Heidi, die Cappuccino-Mama
Cappuccino-Mama@onlinehome.de
Hallo,
ein tolles Interview. Die Autorin wirkt sehr symphatisch und ich bin neugierig auf ihre Bücher geworden 🙂 Da versuche ich doch einfach mal mein Glück bei der Verlosung 🙂
LG
SaBine
Ein tolles Interview!
ich möchte auch gerne mein Glück bei diesem Gewinnspiel versuchen.
Herzliche Grüße!
Hallo Petra,
da hast du dir echt viel Mühe gegeben, das Interview ist wirklich toll geworden! Gerne würde ich das Buch gewinnen, denn Band 1 fand ich klasse.
Ein schönes Wochenende und ich lese immer wieder gerne hier.
Ella
Hallo,
interessantes Interview.
Auch ich würde sehr gern gewinnen 😉
Schönes Wochenende noch und liebe Grüße,
Bettina
Hallo. Man sieht wirklich das du wieder sehr viel Zeit und Herzblut investiert hast. Gerne fordere ich mein Glück raus und hüpfe in den Lostopf 🙂
Liebe Ella,
die Glücksfee hat dich gezogen. Bitte melde dich bei mir unter dieliebezudenbuechern (at) web.de und teil mir deine Adresse mit, damit das Buch auf die Reise gehen kann.
Liebe Grüße
Petzi