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Die 16-jährige Starr lebt in zwei Welten: in dem verarmten Viertel, in dem sie wohnt, und in der Privatschule, an der sie fast die einzige Schwarze ist. Als Starrs bester Freund Khalil vor ihren Augen von einem Polizisten erschossen wird, rückt sie ins Zentrum der öffentlichen Aufmerksamkeit. Khalil war unbewaffnet. Bald wird landesweit über seinen Tod berichtet; viele stempeln Khalil als Gangmitglied ab, andere gehen in seinem Namen auf die Straße. Die Polizei und ein Drogenboss setzen Starr und ihre Familie unter Druck. Was geschah an jenem Abend wirklich? Die Einzige, die das beantworten kann, ist Starr. Doch ihre Antwort würde ihr Leben in Gefahr bringen…
Als es passiert
Im Zusammenhang mit einer Rezension zu diesem Buch habe ich oft gelesen, dass man es eigentlich gar nicht schon wieder wiederholen will, aber das Buch einfach wirklich gut ist und man dieses empfehlen muss. Vielleicht war dies auch der Grund, weshalb ich mit meiner Rezension so lange gewartet habe. Gelesen habe ich es nämlich direkt nach Erscheinen und manchmal ist es ja auch gar nicht so schlecht, wenn einem erst später wieder in Erinnerung gerufen wird, dass man dieses Buch unbedingt lesen muss.
Ich bin kein Jugendbuchexperte und wer meinen Blog regelmäßig liest, der weiß, dass ich diese auch eher selten lese. Wenn ich es dann aber doch wage, dann bin ich in der Regel ausnahmslos immer begeistert. Wer sagt auch, dass Jugendbücher nur für Jugendliche sind? In diesem Fall hat es sich wieder einmal bestätigt, dass es nicht so ist. Ich wäre sogar dafür, dass dieses Buch Pflichtlektüre bei einigen Erwachsenen ist. Die Thematik geht nämlich alle an.
In den USA schlägt das Thema sicherlich größere Wellen. Auf deutschen Straßen ist es bisher zumindest noch nicht vorgekommen, dass eine offensichtlich ausländische oder farbige Person von Polizisten schikaniert und am Ende sogar getötet wurde. In den USA gehört dies zur traurigen Realität, wie die Nachrichten immer wieder bestätigen. In den seltensten Fällen müssen die Polizisten mit Konsequenzen rechnen und können unbehelligt weiterleben. Dass sie mutwillig Menschenleben zerstört haben, stört diese scheinbar nicht.
Angie Thomas gelang mit ihrem Roman eine kleine Sensation, denn sie sprach damit eine Thematik an, die zwar überall präsent und bekannt ist, über die aber noch zu selten gesprochen wird. Die Tatsache, dass sie selbst farbig ist, zeugt von weiterer Brisanz. Das Buch landete nach Erscheinen auf Anhieb auf den Bestsellerlisten und die Rechte wurden in mehrere Länder verkauft. Dass das Cover von einem farbigen Mädchen (Starr) geziert wird, ist eine weitere Besonderheit, die man unbedingt hervorheben muss.
Ihre Erzählweise und Sprachgewalt hat mich von Beginn an beeindruckt. Starr erzählt die Geschichte aus der Ich-Perspektive. Wir begleiten diese Jugendliche in zwei Welten. Die Starr, die im Armenviertel zuhause ist, mit täglichen Schießereien auf den Straßen groß und schon früh mit Drogen konfrontiert wird. Dem gegenüber steht die Starr, die auf einer teuren Privatschule ist, die hauptsächlich von Weißen besucht wird. Um akzeptiert zu werden, verstellt sie sich, was sie nicht glücklicher macht. Sie zeigt aber gleichzeitig auch auf, dass die Konflikte von beiden Seiten befeuert werden. Während sie einen weißen Freund hat, hält sie dies vor ihrem Vater geheim, da dieser nichts von weißen Jungs hält. Im Gegenzug verhält sie sich auf der Schule nicht wie eine Schwarze, um die typischen Klischees nicht zu erfüllen.
Dieses Buch behandelt auf eine sehr eindringliche Art und Weise das Thema Rassismus und gibt dem Leser zu denken. Es beinhaltet eine ziemlich wichtige Botschaft. Auch wenn man zuerst einmal denken mag, dass die im Buch beschriebene Situation ein Problem der USA ist, weiß man sehr wohl, dass Rassismus auch in Deutschland existiert und vor Ländergrenzen nicht halt macht. Bei uns mag vielleicht kein schwarzer Jugendlicher unschuldig erschossen werden, aber andere Kulturen und ausländische Personen werden auch bei uns oft ausgegrenzt oder rassistisch behandelt. Das ist eine Tatsache, wenn auch eine sehr traurige.
Ich habe die deutsche Übersetzung gelesen, die für meine Verständnisse unter den gegebenen Umständen sehr gut gelungen ist. Amerikanische Slangs und Jugendsprache und deren Bedeutung richtig zu interpretieren und zu übersetzen ist sicherlich nicht einfach. Viele Wörter wurden aus dem Original übernommen und nicht übersetzt, was in meinen Augen auch die richtige Entscheidung war. Dem Verständnis halber findet man im Anhang einen Glossar, der all diese Worte ausführlich erklärt und ggf. auch übersetzt.
Schreibstil und Ausführung sind einem Jugendbuch angemessen und für die angegebene Altersgruppe entsprechend umgesetzt. Trotzdem (man liest hier immerhin ein Jugendbuch!) war ich zu jederzeit gefangen von dieser ausdrucksstarken und gewaltigen Geschichte, die mich sofort abgeholt und so schnell nicht mehr losgelassen hat. Man folgt den Ausführungen von Angie Thomas teilweise fassungslos und kann kaum glauben, dass die geschilderten Situationen und Szenen zum Alltag vieler Schwarzer in den USA gehören. Es ist zu viel Ungerechtigkeit, zu viel Hass und zu viel Ausgrenzung. Ein Grund mehr dem Rassismus in Deutschland einhalt zu gebieten und sich klar dagegen auszusprechen.
Fazit
Für mich ein wahnsinnig wichtiges und gutes Jugendbuch, das man unbedingt lesen sollte. Die klare und eindringliche Botschaft sollte man sich zu Herzen nehmen. Rassismus geht uns alle an und macht auch vor Ländergrenzen nicht halt. Umso wichtiger, dass ein Jugendbuch dieses Thema behandelt und sensibilisiert. Auch wenn es mittlerweile schon die meisten gesagt haben – lest dieses Buch!
The Hate U Give von Angie Thomas – aus dem Amerikanischen von Henriette Zeltner – cbt – 512 Seiten – ISBN 978-3-570-16482-2 – Gebundene Ausgabe – 17,99 Euro
4 Kommentare
Eine tolle Rezension zu einem wichtigen Buch!
Super, dass du es besprochen hast, auch wenn Jugendbücher nicht allzu häufig auf deiner Leseliste zu finden sind.
Liebe Blubbergrüße
Anka
Ich habe das Buch nun auch ergattert. Lesen tue ich es erst in ein paar Tagen, bis ich zwei andere Bücher durch habe, bin aber schon sehr gespannt.
Neri, Leselaunen
Ich habe dieses Buch mal gleich auf meine Wunschliste geschrieben, denn Deine Rezension hat mich neugierig gemacht. Das Thema Rassismus und die Ausgrenzung anderer Kulturen beschäftigt mich immer wieder. Auch in Deutschland ist es immer allgegenwärtig und ich finde das so schade, denn es gibt so viel aus anderen Kulturen zu lernen.
Lieben Gruß
Michaela, lesenswertebuecher
Und schwubs landet das Buch auf der Leseliste! Hatte zuerst bedenken, da ich selber auch ein eher schwacher Jugendbuch Experte bin, aber du hast es mir schmackhaft gemacht!
Liebe Grüße
Jelena – Effi niest.