Kopf aus und Herz an? Wie wir gute Entscheidungen treffen

von Petzi

Täglich treffen wir eine Vielzahl von Entscheidungen. Viele davon ganz automatisch und intuitiv. Was wollen wir heute essen? Welche Kleidung heute tragen? Welche Blumen nehmen wir spontan mit? Häufig treffen wir die Entscheidung relativ schnell und müssen nicht allzu lange überlegen. Mitunter auch deshalb, weil die falschen Blumen auf dem Tisch uns keine Angst machen. Beim nächsten Mal kaufen wir einfach andere. Die großen und wichtigen Entscheidungen des Lebens fallen uns in der Regel weniger leicht. Mir geht es auch so und deshalb habe ich mich auf die Suche nach Antworten gemacht.

Jenseits der eigenen Komfortzone wartet oft das größte Glück

Die gute alte Komfortzone kennen wir alle. Sie ist gemütlich und kuschlig und über die Jahre haben wir es uns so richtig bequem darin gemacht. Sie ist der Bereich, in dem du dich wohl fühlst. Es gibt einige Gründe, warum wir diese Zone nur ungerne verlassen wie zum Beispiel:

  1. Angst vor dem Scheitern: Wir haben oft Angst davor, Fehler zu machen oder nicht erfolgreich zu sein. Das führt dann dazu, dass wir die neuen Dinge erst gar nicht versuchen und beispielsweise im ungeliebten Job verharren, statt eine neue Herausforderung anzunehmen.
  2. Angst vor Überanstrengung: Am liebsten tun wir nur so viel wie wir unbedingt müssen. Neue und ungewohnte Dinge sind anstrengender als schon bekannte und daher siegt ganz oft die Bequemlichkeit. Ein sportliches Leben wäre zwar irgendwie toll, aber das tägliche Training ist dann doch zu viel Arbeit.
  3. Angst vor sozialer Ablehnung: Wir Menschen sind soziale Wesen und wollen unbedingt von anderen gemocht werden. Neue Menschen kennenlernen geht immer mit der Gefahr einher zurückgewiesen zu werden. Die Angst vor Ablehnung lässt uns gar nicht erst losgehen.

In ihrem Buch “Das Meer, die Welle und ich” (GU Verlag ) schreibt die Psychologin und Surferin Mayla Wedekind darüber, was sie vom Surfen über Mut und das Loslassen gelernt hat. Und ihre Worte passen auch sehr gut zum heutigen Thema, sie meint nämlich: “Je öfter ich mich in unbekannte Situationen wagte, desto mehr wuchs mein Mut und wurde ein Teil von mir.”

Auch Entscheidungen treffen erfordert Mut. Schließlich können wir zwar versuchen möglichst alle Schritte zu durchdenken, aber am Ende können wir dennoch nie vollumfänglich wissen, ob wir die richtige Entscheidung für uns getroffen haben.

Wedekind schreibt, dass das Surfen ihre Komfortzone Stück für Stück immer mehr verschoben hat. Jede Challenge die sie auf dem Wasser gemeistert hat, hat sie wachsen lassen. Und auch im normalen Leben ist es genau das. Alles was wir lernen, erleben und tun, lässt uns ein Stück weit wachsen, schenkt uns Selbstvertrauen und macht uns stärker.

“Unangenehm oder schwierig heißt nicht unmöglich, sondern nur, dass eine Sache außerhalb deiner aktuellen Komfortzone liegt.”

Kopf oder Bauch?

Wir sprechen häufig von einem Kopftyp und einem Bauchtyp. Dabei ist jedoch klar, dass niemand immer aus dem „Bauch“ heraus oder nur mit dem „Kopf“ entscheidet. Doch viele von uns haben im Fühlen und Denken spannenderweise ein Stand- und ein Spielbein. Die einen lassen sich eben bevorzugt vom Kopf, die anderen vom Bauch leiten. Wie ist das bei dir? Kennst du dein Stand- und dein Spielbein? Vielleicht lässt du ein Bein aber auch verkümmern? Langfristig gesehen kann man nämlich sagen: Auf nur einem Bein steht es sich schlecht.

Ich habe ja bereits erzählt, dass ich mich selbst regelmäßig coachen lasse, da ich die Außenperspektive unglaublich bereichernd finde. Die Antworten sind immer schon da, aber manchmal schaffe ich es nicht aus eigener Kraft die richtigen Fragen zu stellen. Gutes Coaching kann genau das.

Ich tue mir mit meinen Entscheidungen immer wahnsinnig schwer, da mein Spielbein ganz sicher der Kopf ist. Ich versuche sämtliche Szenarien zu bedenken und Lösungen für alle eventuell aufkommenden Probleme zu finden. Und das ist häufig wirklich anstrengend. Denn wir wissen alle, dass das Leben manchmal ganz anders läuft und es immer Momente geben wird, die man zuvor nicht bedacht hat oder auch gar nicht bedenken konnte. Einfacher wäre es daher sich selbst darin zu vertrauen, eine Lösung für das Problem zu finden, wenn es denn auftaucht.

Melanie Wolfers schreibt in ihrem Buch “Entscheide dich und lebe!” (Bene ) von zwei verschiedenen Typen. Sie studierte Theologie und Philosophie und schöpft aus ihrer langen Erfahrung als Seelsorgerin und Referentin. (Anmerkung: der bene! Verlag gehört zu Droemer Knaur und wird als der Verlag für christliche Spiritualität und Sinnsucher innerhalb und jenseits der konfessionellen Kirchen beschrieben. Ich persönlich kann mich damit weniger identifizieren. Abseits davon bietet das Buch jedoch viele wissenschaftliche und kluge Gedanken zum Thema Entscheidungsfindung. Es gibt einige Bezüge zu Spiritualität und Glaube, die habe ich aber dann einfach überblättert.)

Der kontrolliert-rationale Kopftyp

Menschen mit einem rationalen Entscheidungsstil denken lange nach, ehe sie handeln. Sie wägen genau ab und investieren viel Zeit in die Planung künftiger Ereignisse. Müssen sie einen schnellen Entschluss treffen, macht sie dies unsicher und unzufrieden. Solche Personen können hervorragend analysieren und Strategien entwickeln! Doch es gelingt ihnen nur schwer, ihre Analyse mit ihren persönlichen Bedürfnissen und Zielen abzustimmen. Was sie angesichts von verschiedenen Entscheidungsalternativen empfinden, nehmen sie nur schwach wahr.

Doch wer so wenig Gespür für sich selbst entwickelt hat, tut sich schwer, ein stimmiges Leben zu führen. Diese Menschen schöpfen nicht aus dem Reservoir, was das Bauchgefühl zur Verfügung stellt. Und das hat nicht zuletzt auch die Hirnforschung gezeigt: Gefühle und Körperempfindungen sind ein immenser Wissensspeicher auf dem Weg zu einer guten Entscheidung!

Das bedeutet: Je besser dein Kopf und Bauch miteinander kooperieren, umso tragfähiger werden deine Entschlüsse! Denn beide – Kopf und Bauch – haben dir in Entscheidungssituationen etwas zu sagen. Die Kunst einer klugen Wahl besteht darin, dass du die Stärken und Schwächen von Kopf und Bauch kennst und situationsgerecht einsetzt. Gelingt ihre Kooperation, ist ein Traumteam am Start!

Tipps für alle, die eher mit dem Kopf entscheiden und ihre Gefühle gerne außer Acht lassen:

  • Trainiere, deine Körpersignale und Bedürfnisse bewusst wahrzunehmen und auf diese zu hören.
  • Nutze bestimmte Zeitfenster deines Tages (z.B. immer wenn ich zur Kaffeemaschine gehe, immer wenn ich auf den Bus warten muss…) und versuche bewusst in dich hineinzufühlen. Frage dich: Was nehme ich jetzt gerade wahr? Welche Empfindungen habe ich?
  • Pflege Beziehungen, in denen Gefühle und Emotionen eine wichtige Rolle spielen dürfen.
  • Achte besonders auf drei Entscheidungskriterien: Ehrlichkeit dir selbst gegenüber, innerer Frieden und gutes Bauchgefühl.

Der spontan-emotionale Bauchtyp

Wer zu einem spontan-emotionalem Verhalten neigt und sich leicht begeistern lässt, denkt nicht lange nach, sondern legt sich schnell fest. Dabei verlässt er sich auf sein situatives Gefühl. Damit kann er intuitiv richtig liegen. Doch der Schnellschuss kann auch gehörig daneben gehen. Wer offen für Neues ist und gerne spontan Dinge übernimmt, bugsiert sich dadurch öfters ins Chaos hinein.

Bist du eine emotionale Schnellentscheiderin oder ein Bauchtyp? In dem Fall liegt die Herausforderung für dich darin, dass du lernst, dich selbst zu verlangsamen. Denn nur dann haben dein Verstand und dein Herz die Chance, zum Zug zu kommen.

Tipps für alle, die schnell und emotional aus dem Bauch heraus entscheiden:

  • Halte dir vor Augen, was du gewinnst, wenn du das Tempo herausnimmst. Das kann z.B. ein weniger überfüllter Terminkalender sein, die tolle Erfahrung, die eigenen Projekte auch schaffen zu können oder konfliktfreiere Beziehungen.
  • Suche das Gespräch mit einer Person, die ganz anders tickt als du und die lange nachdenkt, bevor sie sich entscheidet.
  • Wenn du häufiger in die Falle tappst, dass du spontan Anfragen annimmst und dann viel zu viele Aufgaben hast, dann könnte ein konkreter Vorsatz helfen. Wie beispielsweise: “Ich gebe prinzipiell keine unmittelbare Zusage mehr, sondern melde mich nach Bedenkzeit zurück.”
  • Nimm wahr, dass du in einer Situation bist, in der du spontan und impulsiv eine Entscheidung treffen möchtest und lege bewusst eine Denkpause ein. Entscheide dann, jetzt keinen Entschluss zu fassen.

Wolfers schreibt: “Eine Entscheidung ist dann “gut aufgestellt”, wenn sie nicht nur auf einem Bein steht, sondern auf mehreren. So wie ein Hocker mit einem oder zwei Beinen keine Stabilität besitzt, sondern es mindestens drei braucht… Ähnlich ist es beim Entscheiden: Ihr Entschluss wird umso tragfähiger sein, je mehr all Ihre Entscheidungskräfte zum Tragen kommen: Kopf, Bauch und Herz, Intuition und die Signale des Körpers.”

Warum man das Herz nicht vergessen sollte

Im Coaching habe ich erarbeitet, dass ich ein absoluter Kopfmensch bin. Das war mir zuvor schon klar. Doch mein Kopf ist so laut, dass Bauch und Herz oft überhaupt nicht zum Zug kommen und ich diese Stimmen und Gefühle nicht wahrnehme.

Der Kopf wägt Pro und Contra ab und versucht eine sinnvolle Lösung zu finden, die mir am Ende möglichst wenig Probleme bereitet. Der Bauch versucht Ängste wahrzunehmen, das Risiko einzuschätzen und will mich beschützen die falsche Entscheidung zu treffen. Das Herz jedoch steht für Freude, Leidenschaft und Leichtigkeit. Das Herz geht nicht danach, was die scheinbar klügere Entscheidung ist, sondern was mich wirklich glücklich macht.

Nach dem Herzen zu entscheiden ist jedoch gar nicht so einfach. Auch die Autorin sagt, dass es dafür Zeit und Lebenserfahrung bedarf und eine gewisse menschliche Reife vorhanden sein muss.

Ich muss wissen, welche meine bevorzugte Entscheidungsmethode ist. Also ob ich eher nach dem Kopf oder dem Bauch gehe. Zudem muss ich in der Lage sein, sowohl Kopf, als auch Bauch zu Wort kommen zu lassen. Jedoch ohne Bewertung. Ohne an Konsequenzen oder Folgen zu denken. Einfach nur zuhören und wahrnehmen.

Und zum Schluss sollte ich alle Punkte und Gedanken als großes Ganzes betrachten, abwägen und dann entscheiden. Unser Herz befähigt uns zu einer ganzheitlichen, ausgewogenen Wahl.

Wir sprechen von einer Herzensentscheidung, wenn Kopf und Bauch zwar mitreden, aber das Herz letztlich das letzte Wort hat. Hier spüren wir, ob wir in Übereinstimmung mit uns handeln oder im Widerspruch sind. Hier spüren wir auch, ob eine Entscheidung stimmig ist und zu uns als Person passt oder eben nicht.

Doch in der Hektik des Alltags, durch vergangene Enttäuschungen, zu viel Konsum, Aktivität und der Lautstärke der Welt kann die Stimme immer leiser und fast unhörbar werden. Deshalb ist es so wichtig Stille auch einmal auszuhalten, wirklich in sich hineinzuspüren und wahrzunehmen, welche Gefühle und Empfindungen an die Oberfläche möchten. Wolfers schreibt: “Denn die Stille ist der Ort, an dem sich das Herz zu sagen traut, was Ihnen der Verstand vielleicht schon seit Langem auszureden versucht.”

Credits: Heidi Fin via Unsplash.com

Hör auf deine Intuition

Intuition wird auch als Instinkt, Ahnung, Eingebung, richtiger Riecher, sechster Sinn oder Geistesblitz bezeichnet. Es sind Gedankenblitze, die scheinbar aus dem Nichts auftauchen. Doch Intuition ist keine besondere Magie. Sie schöpft vielmehr aus verschiedenen Quellen wie beispielsweise unseren Erfahrungen, Köperempfindungen, Signalen von Spiegelneuronen und dem Schatz impliziten Wissens. Unsere Intuition verarbeitet blitzschnell eine Fülle an Informationen und spielt uns diese Erkenntnisse zu.

Unser Gehirn speichert im Lauf des Lebens einen unfassbar großen Schatz an Erfahrungen, eine Fülle an Sinnesreizen und Gefühlen, Erinnerungen und Informationen. In der Hirnforschung auch “emotionales Erfahrungsgedächtnis” genannt. Wenn wir vor einer Entscheidung stehen, dann greift unser Gehirn genau darauf zurück. Diese Informationen nehmen wir als Gefühle oder Körperempfindungen wahr und manchmal tauchen sie auch in unseren Träumen auf.

Eine ziemlich geniale Sache. Sicherlich fallen dir auch Momente ein, in denen du sofort ein klares Gefühl zu einer Sache hattest. Vielleicht hast du es sogar erlebt, dass du gegen dein Gefühl gehandelt hast und es im Nachgang nicht die klügere Entscheidung war.

Intuition haben wir alle, doch viele nehmen ihr Gefühle nicht mehr richtig war. Das liegt zum Teil an unserer westlichen Gesellschaft. Wolfers schreibt dazu: “Denn diese [Anmerkung: die Gesellschaft] erzieht uns zu Riesen der Rationalität und zu Zwergen der Intuition.”

Zudem sind wir häufig auf der Suche nach klaren Anzeichen für richtig oder falsch. Unser Bedürfnis nach Kontrolle und Sicherheit ist sehr groß und bringt unsere innere Stimme oftmals vorschnell zum Schweigen.

Manche Menschen fragen dann viele andere Menschen nach ihrer Meinung, obwohl sie innerlich schon eine klare Intuition haben. Das liegt mitunter daran, dass diese ihrer eigenen Stimme nicht trauen – eventuell aus einem übertriebenen Sicherheitsbedürfnis heraus. Manchmal aber auch daran, dass wir dann die Schuld an einer falschen Entscheidung anderen Menschen in die Schuhe schieben können.

Die Autorin schreibt in ihrem Buch auch folgendes, was ich sehr spannend finde: “Misstrauen wir unserer intuitiven Kraft, dann führt dies nicht nur im persönlichen und zwischenmenschlichen Bereich zu negativen oder zuweilen auch katastrophalen Folgen, sondern auch auf gesellschaftlicher Ebene. Die Fokussierung auf die Analyse und Bewertung von Fakten bewirkt nicht, dass die menschlichen Ängste weniger werden. Im Gegenteil! Die skeptische Haltung gegenüber der Intuition führt dazu, dass möglichst alle Entscheidungen nochmals zusätzlich abgesichert werden, um auf Nummer sicher zu gehen. […] Die Folgen sind immense Kosten und das Aufschieben vieler Entscheidungen.”

Wichtig ist dennoch: Es braucht immer beides. Verstand und Intuition. Nicht jedes Gefühl und jeder Gedanke sind auch eine Intuition. Und Intuition kann auch irren. Sie schöpft ja aus den bisher gemachten Erfahrungen und sind diese auf einem bestimmten Gebiet nicht oder nicht ausreichend vorhanden, dann kann sich diese auch als falsch herausstellen.

Zusammenfassend kann man daher sagen, dass das intuitive Gefühl ein wichtiger Faktor im Entscheidungsprozess ist, aber für sich allein genommen auch falsch liegen kann. Deshalb sollte man sowohl die innere Stimme, als auch sachliche Aspekte einbeziehen, um dann eine möglichst gute Entscheidung zu treffen.

In meinem ersten Adventskalender 2022 (der zugleich den Weg für dieses Projekt hier geebnet hat) habe ich bereits einmal über Intuition geschrieben. Wenn du reinlesen möchtest, dann findest du diesen Beitrag hier.

Die Angst vor der Ungewissheit

Menschen die ein sehr hohes Sicherheitsbedürfnis haben, fällt es schwer, sich auf Ungewisses einzulassen. Im Raum steht immer wieder die Frage: “Was, wenn ich doch falsch liege?”

Wir sollten uns bewusstmachen, dass jede Entscheidung grundsätzlich riskant ist. Wir wissen einfach nie sicher, was unser Entschluss letztlich mit sich bringen wird.

Hier kommt wieder die gute alte Komfortzone zum Zug, die ich weiter oben bereits erwähnt habe. Die Angst vor dem Ungewissen ist so groß, dass manche Menschen lieber im gewohnten Unglück sitzen bleiben. Man fühlt sich damit vielleicht nicht wohl, aber immerhin weiß man woran man ist.

Dazu zitiere ich nun einen Absatz der Autorin, der wie folgt lautet: “Aber das Gefühl der Sicherheit trügt! Denn sowohl das Handeln als auch das Nichtstun bergen Risiken in sich. Auch wenn Sie alles beim Alten belassen, geht das Leben weiter – aber gewissermaßen ohne Sie. Sie lassen es an sich vorüberziehen. Sie sperren sich in eine Gegenwart ein, die schleichend in Vergangenheit übergeht.”

“Entscheiden bedeutet: Ich finde den Mut, mich ins Ungewisse vorzuwagen. Ich riskiere es, auch ohne die Sicherheit unumstößlicher Argumente eine Wahl zu treffen. Nicht blind, aber auch nicht völlig klarsichtig.”

Der Sprung ins Ungewisse fällt immer schwer. Denn die Bereitschaft auch mit unabsehbaren Folgen zu rechnen, die muss gegeben sein. Aber wir können die Zukunft nicht voraussagen und auch nicht kontrollieren. Das ist eine der schwierigsten Lektionen im Leben.

Bei jeder Entscheidung bleibt also ein gewisses Restrisiko und das ist eine Realität, an der wir leider nichts ändern können. Doch wir haben es in der Hand, wie wir mit dieser Unsicherheit umgehen.

“Verweigern wir uns dieser Realität, dann suchen wir krampfhaft nach einer Sicherheit, die es nicht gibt. Wenn wir die Ungewissheit abwehren, die jedem Entschluss innewohnt, dann laufen wir Gefahr, uns vor Entscheidungen immer mehr zu drücken. Oder falls wir doch wählen, dann mit übergroßer Angst im Bauch. Und Angst ist ein schlechter Ratgeber.”

Wenn ich die bestehende Ungewissheit akzeptieren kann, dann wird dies langfristig dazu führen, dass ich gelassener werde im Umgang mit dem Risiko, dass sich manches anders entwickelt als erhofft.

Typische Entscheidungsängste

Angst, sich falsch zu entscheiden

Eine der häufigsten Ängste ist, dass man die falsche Entscheidung trifft. Dazu muss einem aber eines bewusst werden: Wenn ich mich krampfhaft darauf versteife die ideale Lösung zu finden, dann wird die Angst falsch zu wählen immer größer. Ich steuere mich damit also geradewegs in die Angstspirale hinein.

Erkenntnis 1:

Was bedeutet “die richtige Entscheidung treffen” überhaupt? Bei sehr vielen Themen lässt sich überhaupt nicht d i e eine richtige Lösung ermitteln.

Erkenntnis 2:

Man kann überhaupt noch nicht wissen, welche Lösung sich in der Zukunft als die beste erweisen wird. Dafür müssten wir in die Zukunft schauen können.

“Entscheiden können wir nur vorwärts. Beurteilen, ob eine Entscheidung richtig war, können wir nur rückwärts.”

Erkenntnis 3:

Der Gedanke, dass es die eine perfekte Lösung gibt, bei der wir nichts in Kauf nehmen und auch auf nichts verzichten müssen, ist eine Illusion. Jede Entscheidung hat ihren Preis. Ich wähle das eine und schließe dafür das andere aus.

Angst, etwas zu verpassen

Jede Abzweigung die wir wählen zwingt uns zugleich dazu uns zu beschränken. Das bedeutet, ich verzichte auf andere Optionen. Möglicherweise meldet sich dann die Furcht zu Wort, dass wir nun etwas verpassen könnten oder durch unsere Entscheidung das Leben schmälern.

Hast du dir auch schon mal folgende Frage gestellt? „Vielleicht kommt ja noch etwas Besseres?” Die Angst führt bei vielen Menschen dazu, dass sie Entscheidungen möglichst lange hinauszögern oder sogar ganz vermeiden. Nach dem Motto “Lieber alle Türen offen halten, als eine mutig zu durchschreiten.”

“In der Fähigkeit zum Verzicht liegt eine der wichtigsten Voraussetzungen für sinnvolle Entscheidungen!”

Mach dir bewusst: Nur die Dinge, die du wirklich ergriffen hast, schmecken nach echtem Leben. Nicht die ganzen Pläne und Träume, die du im Kopf durchdacht hast mit dem Gedanken, dass du sie irgendwann auch noch verwirklichen könntest. Nicht all die theoretischen Möglichkeiten, sondern allein das, was du mit Hand und Herz getan hast, ist Leben, das seinen Namen verdient.

Man gibt seinem Leben eine Richtung, wenn man Wege bewusst einschlägt und andere links liegen lässt. Der persönliche Fortschritt misst sich nämlich nicht in den hundert offen gehaltenen Türen, sondern in dieser einen Tür, durch die man mutig gegangen ist.

“Erst das Wählen eines Weges ermöglicht, dass man vorwärtskommt und neue Räume entdeckt.”

Angst, was andere denken

Erstaunlicherweise denken viele von uns häufig darüber nach, was die anderen wohl denken mögen. Da schließe ich mich auch mit ein. Marie von Ebner-Eschenbach formulierte treffend: “Nichts macht uns feiger und gewissenloser als der Wunsch, von allen Menschen geliebt zu werden.”

Menschen, die Angst vor Kritik und Widerstand haben opfern regelmäßig ihre eigenen Wünsche und auch Werte, damit sie nicht mit Ablehnung konfrontiert werden. Wenn ich jedoch ständig auf das Urteil der anderen schaue, dann schwäche ich automatisch das Gespür dafür, was eigentlich ich selbst will. Das alles kann eine weitere negative Spirale in Gang setzen.

Aus Angst vor Ablehnung verleugne ich meine Wünsche, Bedürfnisses und Überzeugungen, woraufhin mein Selbstbewusstsein sinkt. Das wiederum lässt meine Entscheidungskraft weiter sinken und ich schaffe es noch weniger, für mich selbst einzustehen. Wichtige Entscheidungen schiebe ich dann vielleicht vor mir, um den Frieden zu wahren und Diskussionen aus dem Weg zu gehen. Und das führt letztlich zu Lähmung und Stagnation.

Die Person, die am meisten von deiner Entscheidung überzeugt sein sollte, ist die Person, die dich aus dem Spiegel ansieht.

Der Riese im Raum

Ängste wirken oft wie scheinbare Riesen. Wir versuchen ihnen aus dem Weg zu gehen und sie wirken plötzlich noch größer und bedrohlicher. Doch schauen wir sie in einem ruhigen Moment einmal genauer aus der Nähe an, scheint die Bedrohung verflogen. Sie schrumpfen und verlieren ihren Schrecken.

Mit folgender Übung kannst du deine Ängste bezüglich einer Entscheidung genauer in den Blick nehmen und schauen, ob diese wirklich so groß und bedrohlich sind.

Schritt 1: Fühle dich in die Entscheidungssituation hinein

Suche dir einen ruhigen Ort und nimm Stift und Papier zur Hand. Führe dir jetzt die anstehende Entscheidung lebendig vor Augen. Versuche dich so richtig in diese Situation hineinzuversetzen und versuche folgendes wahrzunehmen: Ist dein Körper dabei locker und entspannt? Ist die flau im Magen oder hast du einen Kloß im Hals? Fühlst du dich verspannt? Fühlst du dich wohl in deinem Körper? Welche Gefühle kommen zum Vorschein? Welche Fantasien und Bilder tauchen auf, wenn du an die Entscheidung denkst?

Schritt 2: Deine Ängste benennen

Welche Ängste sind es, die dich im Bezug auf die Entscheidung stressen? Was sind deine allerschlimmsten Befürchtungen dazu?

Schreibe diese Ängste auf und versuche vor keiner Angst davonzulaufen, weil sie eventuell sehr bedrohlich erscheint. Und sei wirklich ehrlich zu dir. Du musst bei dieser Übung niemandem etwas beweisen. Mach dich beispielsweise nicht selber schlecht, in dem du dich gedanklich niedermachst und deine Ängste zum Beispiel als lächerlich betitelst.

Wenn du alle deine Ängste notiert hast, dann frage dich: Welche Angst setzt mich am stärksten unter Druck? Welche am zweitstärksten usw.? Fertige eine Liste an.

Wenn du die Ängste wahrnimmst, benennst und auch in eine Reihenfolge bringst, gewinnst du innerlich Abstand davon. Möglicherweise lösen sich manche Ängste durch diese Betrachtung sogar in Luft auf. Alle übrigen solltest du genauer unter die Lupe nehmen. Beginne dabei sinnvollerweise mit den drei größten Ängsten.

Schritt 3: Sammle Informationen und minimiere damit Unsicherheiten

Die Sammlung von Informationen ist unabdingbar, damit du eine möglichst gute Entscheidung treffen kannst. Damit kannst du Wahrscheinlichkeiten und Risiken besser einschätzen.

In manchen Fällen wird sich die Angst reduzieren, weil du bemerkst, dass dein Kopf dir hier vielleicht einen Streich gespielt hat bzw. sich das Szenario gar nicht also so bedrohlich herausgestellt hat. In andere Fällen musst du vielleicht über bestimmte Dinge nochmal genauer nachdenken.

Fragen, die du dir stellen kannst: Welche Informationen kann ich mir wo und wie beschaffen, um einen klare(re)n Blick auf meine größte Angst zu gewinnen?

Sicher wirst du nicht alle Ängste aus dem Weg räumen können und du hast ja bereits auch gelesen, dass bei jeder Entscheidung immer ein gewisses Restrisiko bleibt. Vielleicht findest du eine Antwort auf diese Frage: Wie kann ich meiner verbleibenden Angst begegnen?

“Die Kunst der Klugheit ist die Kunst zu wissen, worüber man hinwegsehen kann.” – William James

Schritt 4: Innehalten

Wenn du diese Schritte durchlaufen hast, dann gönn dir einen Moment Zeit um in dich hineinzuspüren. Wie geht es dir, wenn du an die Entscheidung denkst? Meldet sich dein Körper? Hat sich etwas für dich verändert? Und wenn ja, was?

Indem du dich deinen Ängsten gestellt hast, hast du eine wichtige Weiche gestellt. Die Qualität unserer Entscheidungen verbessert sich und wir sind leichter in der Lage diese Entscheidungsstarre zu überwinden.

Wir malen weder schwarz, noch färben wir sie bunt. Wir gehen neutral an die Sache heran und können damit die verschiedenen Alternativen besser abwägen.

Den passenden Moment erkennen

Es gibt Entscheidungen, die an bestimmte Fristen gebunden sind. Wenn es beispielsweise einen Bewerbungsschluss gibt, der eingehalten werden muss, dann wäre es ratsam die Entscheidung entsprechend frühzeitig zu treffen. Neben äußeren Faktoren gibt es aber auch innere Voraussetzungen, die manchmal den Takt angeben.

Es braucht manchmal Zeit, bis die eigenen Motive wirklich klar werden oder man sich dafür öffnen kann, seine Lieblingsidee zu verabschieden und sich Alternativen zu öffnen. Die Redewendung “eine Entscheidung reifen lassen” meint genau das.

Wolfers schreibt in ihrem Buch: “Ein zu früh gepflückter, unreifer Apfel schmeckt sauer; und ein Apfel, den man über die Reife hinaus am Baum lässt, verfault. Ähnlich schlecht fallen Entscheidungen aus, die wir treffen, obwohl die Zeit noch nicht reif dafür ist; oder die wir immer wieder hinauszögern, obwohl es längst an der Zeit wäre. Und manchmal fällt eine reife Entscheidung
„wie von selbst“ – so ähnlich wie einem eine echte Frucht in den Schoß fallen kann.”

Habe ich die falsche Entscheidung getroffen?

Wenn das erhoffte Ergebnis meiner Entscheidung eintritt und es sich insgesamt positiv anfühlt und ich zudem ein stimmiges Grundgefühl (“Das passt”) und inneren Frieden wahrnehme, dann war die Entscheidung richtig.

Stellt sich das auf Dauer nicht ein, du dich unglücklich fühlst, Angst hast, Widerwillen wahrnimmst oder auch haderst, dann gilt es die Entscheidung zu überdenken – falls noch möglich.

Versuche herauszufinden, woher diese negativen Gefühle kommen. Kommen sie aus Umständen, dann versuche diese zu ändern. Kommen sie aus der Entscheidung selbst, dann scheint dies die falsche gewesen zu sein.

Was du jedoch nicht tun solltest: Versuche nicht dir tagein und tagaus dein Hirn zu zermartern und verzichte auf “Was wäre, wenn…”-Fragen. Jede noch so gute Entscheidung kann man auf diese Weise schlecht machen und du hast am Ende nur noch mehr Unsicherheit und Unzufriedenheit gewonnen.

Es mangelt in dem Fall oft an innerer Sicherheit, den eigenen Entscheidungen zu vertrauen. Es hilft, wenn man die Grübelschleife unterbricht, an der eigenen Entscheidungsfähigkeit arbeitet und sich bemüht, in Freundschaft mit sich selbst zu wachsen. Dann kannst du dir nämlich zukünftig folgende wertvollen Worte sagen:

“Ich habe nach allen Regeln der Kunst eine sinnvolle Wahl getroffen. Zum damaligen Zeitpunkt und mit den vorhandenen Informationen hätte ich mich nicht besser entscheiden können. Und daher lasse ich die Sache jetzt auch ‘gut sein’.”

Diese vier Hinweise können dir vielleicht dabei behilflich sein, wenn du das Gefühl hast die falsche Wahl getroffen zu haben:

  1. Ursachen-Forschung: Kannst du identifizieren, was zur Fehlentscheidung geführt hat? Hast du Schritte übersehen? Dir zu wenig Informationen eingeholt? Dich von anderen beeinflussen lassen? Aus diesen Erkenntnissen kannst du für die Zukunft lernen.
  2. Katastrophisierung: Kann es sein, dass du die negativen Folgen deiner Entscheidung katastrophisierst und sie schlimmer darstellst, als sie tatsächlich sind? Versuche nüchtern auf die Fakten zu schauen und suche ggf. das Gespräch mit erfahrenen Personen. Vielleicht kannst du damit deine Fehlentscheidung entdramatisieren, weil es sich nach einem genaueren Blick weniger schlimm darstellt, als du zuerst dachtest.
  3. Korrektur: Mach dir bewusst, ob deine Fehlentscheidung noch korrigiert werden kann oder du wirklich nichts mehr daran ändern kannst. Wenn eine Korrektur möglich ist, dann hast du die Chance der Sache eine neue Wendung zu geben. Sei dabei ehrlich zu dir selbst. Manchmal hält ein falscher Durchhaltewille von einer Kurskorrektur ab, weil man sein Gesicht wahren möchte. Es braucht Mut und Kreativität eine Entscheidung zu revidieren. Doch es lohnt sich immer, bei einer falsch gestellten Weiche auf den Schienenersatzverkehr umzusteigen, statt im falschen Zug weiterzufahren. Ist deine Entscheidung nicht mehr zu ändern, dann gilt es “das Beste daraus zu machen”. Der erste wichtige Schritt ist deine eigene innere Einstellung zu dieser Sache. Niemand gibt gerne zu, dass er sich geirrt hat. Doch lohnt es sich nicht, in der Abwehrhaltung zu verharren oder uns selbst ständig wieder dafür zu verurteilen. Gestehen wir uns die falsche Entscheidung ein und akzeptieren diese, werden wir wieder einen Schritt freier. Wir lassen das zu, was ist, und beginnen, mit dem Unvermeidlichen zu kooperieren. Dadurch kann sich die Situation wandeln und wir haben die Möglichkeit die Sache kreativ anzugehen.
  4. Irrtum: Vielleicht bemerkst du auch, dass du zwar nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt hast und dennoch das Gefühl hast, dich falsch entschieden zu haben. Vielleicht auch, weil du manche Dinge einfach nicht wusstest oder auch gar nicht wissen konntest. Führe dir folgendes vor Augen:

“Es gibt keine perfekte Entscheidung! Wir können den Prozess des Entscheidens verbessern, aber das Ergebnis kann immer auch von Zufällen und Unvorhersehbarem beeinflusst werden. Daher braucht es bei aller Entschiedenheit letztlich immer auch eine Portion Gelassenheit.”

Folgende Podcastfolge kann dir ebenfalls helfen, wenn du vor einer Entscheidung stehst:

Zusätzlich zu den weiter oben bereits erwähnten Büchern passt zum Thema Entscheidungen auch:

  • “Intuition” von Alexandra Sorgenicht (Goldmann)
  • „Finde Klarheit” von Monika Schmiderer (Droemer)

Ich wünsche dir Klarheit und gute Entscheidungen

Das Thema lässt sich noch weiter fortführen, da es sehr viele spannende und tolle Aspekte zum Thema Entscheidungsfindung gibt. Um diese Ausgabe nicht noch länger zu machen, höre ich an dieser Stelle auf und hoffe natürlich dennoch, dass ich dir gute Gedanken und Inspiration mit auf den Weg geben konnte. Ich wünsche dir eine wunderbare Woche und schöne Pfingsttage mit vielen guten Entscheidungen, egal wie groß oder klein sie sind.

Alles Liebe,

Petra

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